Gastbeitrag
Dieser Gastbeitrag wurde von einem unserer Partner erstellt.
Das neue DFL-Konzept für die Vermarktung der Bundesliga-Rechte bietet den Medienunternehmen deutlich mehr Möglichkeiten. Doch es stellt Sendern und OTT-Anbietern auch komplizierte Richtungsfragen. Eine Analyse aus Sicht von Sky, Dazn & Co.
Aus Sicht des Verkäufers, also der DFL, ist der Ansatz klar: Im neuen Vermarktungskonzept für die Bundesliga-Medienrechte sollen weniger Restriktionen und eine Verknappung des Angebots die Käufer zu Höchstgeboten animieren. Was aber bedeutet das Ausschreibungskonzept für die einzelnen Marktteilnehmer, wenn man davon ausgeht, dass diese ihre derzeitigen Strategien im Großen und Ganzen auch künftig anwenden werden?
Zunächst einmal ist offensichtlich, dass der Wegfall einer klassischen „No-Single-Buyer-Rule“ insbesondere Sky als derzeitigem Marktführer in die Karten spielt. Der Bezahlsender könnte damit – anders als im aktuellen Zyklus – künftig wieder die Live-Rechte für alle Bundesliga-Spiele erwerben.
Die zweite große Änderung, die Reduzierung der Anzahl der Live-Pakete von fünf auf vier, bedeutet für alle Marktteilnehmer, dass die Einstiegshürde für exklusive Live-Spiele im Vergleich zum aktuellen Zyklus deutlich höher ist. Konkret soll Eurosport im aktuellen Zyklus für das Paket „A“ (45 Live-Spiele pro Saison) etwa 70 Millionen Euro pro Saison bezahlen. Künftig, so schätzen Branchenexperten, dürfte mindestens die doppelte, wenn nicht sogar die dreifache Summe notwendig sein, um eines der Live-Pakete exklusiv zu erwerben – was schlicht auch daran liegt, dass sich die Anzahl der Partien pro Paket deutlich erhöht hat.
Doch die Betonung liegt dabei auch auf dem Wort „exklusiv“. Denn genau dies ist eines der interessantesten Details des neuen Konzepts. Dadurch müssen sich alle Anbieter, die ihr Produkt hauptsächlich oder komplett digital verbreiten, zwei richtungsweisende Fragen stellen:
Variante a): Reichen mir für mein Geschäftsmodell nichtexklusive Live-Rechte oder gar nur Highlight-Rechte? Für diese Unternehmen bietet die Ausschreibung bessere Möglichkeiten, vergleichsweise günstig Rechte zu erwerben.
Variante b): Oder benötige ich für mein Geschäftsmodell exklusive BundesligaRechte? Dies dürfte insbesondere der Fall sein, wenn ein Rechtehalter perspektivisch nicht nur neben Sky existieren, sondern dem Marktführer auch signifikant Marktanteile abnehmen will. Für diese Unternehmen bedeutet die neue Ausschreibung, dass ein deutlich höheres Investment als bisher notwendig ist, weil – wie eingangs beschrieben – die Einstiegshürde für exklusive Spiele deutlich höher ist.
Diese Richtungsfragen dürften insbesondere für die OTT-Plattform Dazn von zentraler Bedeutung sein, die zuletzt deutlich aggressiver als vergleichbare Unternehmen um Rechte mitgeboten hat. Aggressiver als zum Beispiel die Deutsche Telekom mit ihrem Produkt Magenta Sport oder Eurosport mit seinem Eurosport Player.
Angesichts der ambitionierten Wachstumsziele von Dazn verwundert dies nicht. Einst hieß es, die Plattform wolle in Deutschland langfristig das Sky-Niveau von gut fünf Millionen Kunden erreichen. Wenn dieses Ziel weiter gilt, ließe sich unterstellen, dass dies ohne exklusive Live-Rechte der Bundesliga kaum zu erreichen ist. Die jetzigen Anpassungen im neuen Konzept lassen vermuten, dass die DFL die Marktlage ähnlich einschätzt.
Doch auch aus Sky-Sicht, es folgt ein Themenwechsel, beinhaltet diese Ausschreibung eine interessante Fragestellung. Zumindest wenn man davon ausgeht, dass der Marktführer möglichst viele Bundesliga-Rechte exklusiv erwerben will.
Dazu noch einmal zur Erinnerung: Der Hauptkäufer kann laut Konzept zwar alle vier Live-Pakete für das Pay-TV („A“ bis „D“) erwerben, allerdings nur zwei davon exklusiv über alle Verbreitungswege verwerten. Welche beiden Pakete dies sein sollen, kann der Käufer selbst festlegen. Die anderen beiden Live-Pakete werden dann in einem zweiten Schritt von der DFL für eine nicht-exklusive OTT-Verwertung erneut verkauft. Der Hauptkäufer kann dabei die OTT-Exklusivität für eines dieser beiden Pakete zusätzlich erwerben – er müsste dann also eine zusätzliche Rechtesumme für ein eigentlich schon erworbenes Recht bezahlen.
Angenommen, Sky hat das Ziel und die finanziellen Möglichkeiten – was durch die jüngste Übernahme des Unternehmens durch Comcast eher wahrscheinlicher geworden ist –, um im ersten Schritt alle vier Live-Pakete zu erwerben. Welche Pakete sollte der Sender in jedem Fall exklusiv behalten?
Eine nicht ganz einfach zu beantwortende Frage, denn die Werte der einzelnen Live-Pakete dürften sich durch die Verknappung auf nur noch vier einander angenähert haben.
Auf den ersten Blick wirken die Pakete „A“ und „B“ für Sky hinsichtlich einer exklusiven Verwertung am relevantesten. Sie beinhalten zum einen die meisten Spiele, zum anderen die von Sky selbst erfundene Samstagskonferenz. Auch ein Blick auf die Reichweiten der einzelnen Bundesliga-Anstoßzeiten verdeutlicht die hohe Relevanz der Spiele am Samstagnachmittag, die in den Paketen „A“ und „B“ verkauft werden.
Dieser theoretischen Annahme folgend, würden die Pakete „C“ (32 Spiele am Samstagabend) und „D“ (103 Spiele am Freitag und Sonntag) für eine zusätzliche OTT-Verwertung auf den Markt kommen. Doch welches dieser beiden Pakete hat für Sky den höheren Wert, sodass es interessanter ist, die Exklusivität zusätzlich zu erwerben? Oder anders: Ist das „Top-Spiel“ am Samstagabend allein mehr wert als drei Spiele am Freitag und Sonntag?
Bei der Beantwortung dieser Fragen ist eine Randnotiz interessant: Das „Top-Spiel“ ist auch deshalb ein „Top-Spiel“, weil der Käufer des Pakets („C“) zusätzlich ein Auswahlrecht für die Ansetzung der Partie erwirbt. Er darf dabei aus den insgesamt für den Samstag vorgesehenen Partien ein Spiel auswählen, welches um 18.30 Uhr stattfindet – vorbehaltlich möglicher Sicherheitsbedenken, die durch eine spätere Ansetzung entstehen können. Jeder Club darf allerdings nur maximal achtmal pro Saison für ein Samstagabendspiel ausgewählt werden.
Dieses Auswahlrecht hat bisher einen zusätzlichen Anreiz für den Käufer des Pakets „C“ dargestellt. Wird das Recht nun zu einem Anreiz, dieses Paket proaktiv zu schwächen – und es mit diesem Hintergedanken für einen OTT-Anbieter zur nicht-exklusiven Verwertung freizugeben? Denn für den Hauptkäufer würde die Übertragung der attraktiven Partien ja nicht wegfallen, wenn diese samstags am Nachmittag statt am Abend stattfinden. Er hat die dafür notwendigen Rechtepakete „A“ und „B“ ja ebenfalls erworben – und kann diese ja, wie eingangs beschrieben, exklusiv verwerten.
Der Gedanke mag auf den ersten Blick konstruiert klingen. Doch bleibt er das auch bei einer Detailbetrachtung der Bundesliga-Reichweiten von Sky?
Sebastian Kube von Nielsen Sports hat dazu eine klare Meinung: „Die Reichweiten-Spreizung beim Samstagabendspiel der Bundesliga ist enorm – und in dieser Saison noch mal deutlich größer geworden. Sie geht von 1,8 Millionen bis 450 000 Zuschauer. In dieser Saison lag die Reichweite bereits neunmal unter dem Vorjahrestiefstwert von 620 000“, erläutert der Vice President Sales Operations & Account Management von Nielsen Sports, der die Quotenunterschiede mit weiteren Details verdeutlicht: „Der Erfolg der Übertragung hängt massiv davon ab, ob der FC Bayern München und/oder Borussia Dortmund spielen. Bei den 13 höchsten Reichweiten der Saison war jeweils mindestens einer der beiden Clubs beteiligt. Im Vorjahr konnte immerhin noch das Nordderby Werder Bremen gegen den Hamburger SV diese Dominanz durchbrechen und die neuntbeste Reichweite dieser Anstoßzeit erzielen.“
Klar ist also, dass der Hauptkäufer der Live-Rechte einen Hebel hat, um die Attraktivität des Pakets zu beeinflussen – nach oben wie auch nach unten. Schließlich gibt es zwar eine Maximalbegrenzung für die Ansetzung der Clubs, aber keine Minimalbegrenzung.
Sollte Sky in diese Hauptkäufer-Situation kommen, wäre zudem zu bedenken, dass der Münchner Sender das seit Jahren selbst aufgebaute „Top-Spiel“-Produkt – auch hinsichtlich der Werbevermarktung – proaktiv schwächen würde. In Abwägung mit der Option, einem zweiten Live-Rechte-Erwerber nur den Zugang zu einem möglichst niedrigwertigen Recht zu geben, könnte dies aber zumindest ein Gedankenspiel sein.
SPOBIS