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28. Feb. 2024

Bundesliga-International-CMO Naubert: „Es braucht Investitionen, um das Wachstum zu beschleunigen“

Der Abbruch der Verhandlungen mit einem strategischen Vermarktungspartner hat Auswirkungen auf die Internationalisierungsstrategie der Bundesliga. Im Interview nimmt Peer Naubert, CMO der Bundesliga International, Stellung zu den wichtigsten Fragen.

SPOBIS: Herr Naubert, in Deutschland interessieren sich rund 40 Millionen Menschen für die Bundesliga. Wie viele sind es weltweit?

Peer Naubert: Wir sind in Bezug auf Bekanntheit und Beliebtheit im Vergleich der Top-5-Ligen in Europa die derzeit am schnellsten wachsende Liga. Unsere Marktforschungsdaten weisen etwa eine Milliarde Menschen aus, die weltweit an der Bundesliga interessiert sind. Diesen positiven Trend stützt auch unsere globale Medienanalyse: Die Einschaltquoten bei Live-Übertragungen der Bundesliga sind in der Saison 2022/23 um 27 Prozent gegenüber der Vorsaison gestiegen.

SPOBIS: Gemessen an den internationalen Medienerlösen ist die Bundesliga durch schwierige Jahre gegangen und hat zwischen den Spielzeiten 2019/20 und 2021/22 fast 100 Millionen Euro beim Umsatzniveau eingebüßt. Wie kam es dazu?

Naubert: Primär lag das an gesamtwirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in den Territorien Middle East, Nordafrika und China. Im Sommer 2020 lief zudem ein Vertrag mit Fox in mehr als 60 Territorien aus. Zum Höhepunkt der Corona-Pandemie mussten wir dann in den einzelnen Märkten neu verhandeln. Aber wir haben diese schwierige Phase nicht nur überstanden, wir sind gestärkt aus ihr hervorgegangen.

SPOBIS: Inwiefern?

Naubert: Seit Sommer 2022 wachsen unsere internationalen Medienerlöse mit acht Prozent pro Jahr wieder deutlich – nur die Premier League wächst aktuell schneller. Vor der Saison 2023/24 waren Märkte zu vergeben, die nur circa fünf Prozent unseres globalen Umsatzvolumens ausmachen. In diesen konnten wir Steigerungen um im Schnitt mehr als 50 Prozent erzielen. Seit Beginn 2023 ist es uns gelungen, 22 Prozent des Gesamtvolumens unserer internationalen Medienrechte um 75 Prozent zu steigern. Wir sind zwar noch nicht auf dem Level aus der Saison 2019/20, aber wir haben inzwischen die Serie A wieder überholt und liegen – was die absoluten Erlöse angeht – auf Platz drei hinter der Premier League und der La Liga.

Peer Naubert mit Indiens Premierminister Narendra Modi: „Eine Milliarde Menschen, die weltweit an der Bundesliga interessiert sind.“ (Foto: Bundesliga International)

Peer Naubert mit Indiens Premierminister Narendra Modi: „Eine Milliarde Menschen, die weltweit an der Bundesliga interessiert sind.“ (Foto: Bundesliga International)

SPOBIS: Worauf führen Sie diese positive Entwicklung zurück?

Naubert: Dies ist das Ergebnis eines innovativen Medienprodukts, unserer 2018 gestarteten Marketingstrategie und einer starken Leistung des Teams der Bundesliga International. In der internationalen Vermarktung gibt es neben den Medienrechten zudem eine weitere zentrale Säule: Wir konnten die Umsätze aus kommerziellen Partnerschaften seit 2019 mehr als verdoppeln, sodass wir als Bundesliga International in der Saison 2023/24 einen Gesamtumsatz von knapp unter 300 Millionen Euro generieren werden. Auch vor diesem Hintergrund teilen wir die teilweise sehr pessimistischen Aussagen über das Potenzial der Bundesliga und auch über die zu erwartenden Ergebnisse in der vor uns liegenden Medienrechte-Ausschreibung nicht. Wir stehen besser da, als viele glauben. Und wir sind noch nicht am Ende unserer Möglichkeiten.

SPOBIS: Dennoch erzielt die Premier League mit über zwei Milliarden Euro pro Saison in etwa das Zehnfache und auch die La Liga verdient noch immer mehr als das Dreifache der Bundesliga. Wie lässt sich diese Lücke zumindest perspektivisch verkleinern?

Naubert: Zunächst muss man einordnen, dass sowohl Premier League als auch La Liga strukturelle Vorteile haben – ich denke hier insbesondere an die Sprache und kulturelle Gegebenheiten. Die englischen Clubs – gestärkt durch das Ownership-Modell, also sehr hohe Zuwendungen und Subventionen durch Eigentümer – waren und sind sehr aktiv im Ausland, und das völlig autark sowie ohne spezielle Förderung durch die Liga. Die spanische La Liga hingegen hat ihre internationalen Aktivitäten deutlich früher gestartet und kann dabei auch auf die Unterstützung eines strategischen Partners bauen. So profitiert die La Liga heute beispielsweise von elf Auslandsbüros in Kernmärkten. Darüber hinaus wird der Wert eines Medienrechts von diversen Faktoren bestimmt.

SPOBIS: Welche sind am wichtigsten?

Naubert: Spannung im nationalen Wettbewerb, Erfolge in europäischen Club-Wettbewerben, die Präsenz von globalen Stars und sogenannten Local Heroes sowie global starke Clubmarken. Um die Position der Bundesliga aber weiter zu stärken, kommt – aus meiner Sicht – der gemeinsamen Strategie von Liga und Clubs eine ganz zentrale Bedeutung zu.

Lukas Podolski im Interview bei seinem polnischen Club Górnik Zabrze: Lokale Heros als Türöffner für einzelne Medienmärkte. (Foto: Bundesliga International)

Lukas Podolski im Interview bei seinem polnischen Club Górnik Zabrze: Lokale Heros als Türöffner für einzelne Medienmärkte. (Foto: Bundesliga International)

SPOBIS: Wie kann die aussehen?

Naubert: Gemeinsam müssen wir unsere besonderen Geschichten erzählen und so die Marken stärken. Als „Ökosystem Bundesliga“ müssen wir noch näher zusammenrücken und noch mehr zeigen, dass wir die Fußball-Liga sind, die für spannenden und unterhaltsamen Fußball mit einer stark ausgeprägten Fußballkultur, einer fantastischen Stadionatmosphäre und mit ganz besonderen, tief in der Gesellschaft verankerten Vereinen steht. Bei uns finden sich globale Stars, aber auch lokale Heros – also Spieler, die in einzelnen Märkten auf der Welt sehr relevant sind.

SPOBIS: Die Clubs der Premier League haben 2022 und 2023 insgesamt 61 Spiele im Ausland absolviert, die Bundesliga kommt auf 15 Spiele. Muss sich auch hier etwas ändern, um international erfolgreicher zu sein?

Naubert: Wir sehen aktuell einen positiven Trend. Das globale Interesse an der Bundesliga und die damit verbundenen Umsätze aus internationalen Medienrechten und kommerziellen Partnerschaften steigen. Klar ist aber: Um dies fortzuführen, müssen wir alle gemeinsam mehr tun. Wir versuchen den Clubs Argumente zu liefern, warum es sich lohnt, international aktiv zu sein. Auch deshalb überarbeiten wir aktuell gemeinsam mit der Kommission Internationalisierung unsere Auslandsförderung. Mit der incentivieren wir Vereine, die Maßnahmen durchzuführen, die uns international als Bundesliga helfen.

FC Bayern auf Asien-Tour: „Es ist kein Geheimnis, dass wir in Zukunft größere finanzielle Anreize setzen wollen.“ (Foto: Bundesliga International)

FC Bayern auf Asien-Tour: „Es ist kein Geheimnis, dass wir in Zukunft größere finanzielle Anreize setzen wollen.“ (Foto: Bundesliga International)

SPOBIS: Was wird in Zukunft konkret gefördert?

Naubert: Das können Spiele im Ausland sein, aber darüber hinaus beispielsweise auch Fußballschulen, Fan-Events und B2B-Aktivitäten. Hier wollen wir neue Perspektiven für die Clubs eröffnen. Einige Verantwortliche unterstützen heute schon sehr aktiv und sind auch bereit, mit uns gemeinsam in den Flieger zu steigen oder zusätzliche Assets zur Verfügung zu stellen – etwa den Zugang zu Spielern weit über die vertraglichen Vorgaben hinaus.

SPOBIS: Nur an die Eigenmotivation zu appellieren, reicht offensichtlich nicht. Am Ende scheint der monetäre Anreiz für die Clubs entscheidend zu sein. Die DFL dürfte nach SPOBIS-Informationen aktuell rund fünf Millionen Euro an die Clubs über die Rate-Card ausschütten. Der Betrag soll künftig deutlich erhöht werden, von 20 Millionen Euro ist die Rede.

Naubert: Ohne die Zahlen zu bestätigen: Es ist kein Geheimnis, dass wir in Zukunft auch größere finanzielle Anreize setzen wollen. Allerdings müssen wir auch nicht drumherum reden, dass der Abbruch des Partnerprozesses Auswirkungen auf die zur Verfügung stehenden Mittel haben wird. Jeder Club hat aber darüber hinaus sicher eine eigene Motivation in dem Thema und muss seine eigene Strategie entsprechend ausarbeiten. Wir als Organisation unterstützen – wie gehabt – gern dabei. Darüber hinaus setzen wir als Liga jährlich mehr als 600 Marketingmaßnahmen um, bei denen sich schon jetzt für die Clubs zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten bieten. Zielsetzung unserer internationalen Marketingaktivitäten ist die Steigerung der Anzahl von Fans über Bekanntheit, Interesse und Einschaltquoten.

Globale Kampagne „Theater of Goals“ feiert Stars der Bundesliga: „Wir setzen jährlich mehr als 600 Marketingmaßnahmen um.“ (Foto: Bundesliga International)

Globale Kampagne „Theater of Goals“ feiert Stars der Bundesliga: „Wir setzen jährlich mehr als 600 Marketingmaßnahmen um.“ (Foto: Bundesliga International)

SPOBIS: Können Sie uns hier einige Beispiele nennen?

Naubert: Unser Marketing-Mix besteht aus der Bereitstellung eines innovativen Medienprodukts für unsere Partner und gemeinsamer Promotion-Pläne in deren Märkten. Zudem betreiben wir digitale Angebote und Social-Media-Plattformen mit globalen Reichweiten und regelmäßigen Kampagnen. In diesem Bereich arbeiten wir mit „Creators“ und zwölf sogenannten Content-Partnern mit insgesamt über 300 Millionen Followern zusammen. Mit unseren sogenannten Grassroots-Maßnahmen wollen wir wiederum zusätzlich das Interesse an der Bundesliga steigern und dabei zur Fußball-Entwicklung im jeweiligen Markt beitragen.

SPOBIS: Wie kann das gelingen?

Naubert: Auf dem Elite-Level haben wir im Rahmen unseres Projekts „Bundesliga Dream“ regelmäßig U-Nationalmannschaften aus unseren Zielmärkten für mehrere Wochen zu Gast in Deutschland, die bei verschiedenen Bundesligisten trainieren und gegen gleichaltrige Teams spielen. Für den Freizeit- und Amateurbereich bieten wir Fußballschulen und -turniere an und haben das Projekt „Bundesliga Common Ground“ initiiert, um gemeinsam mit lokalen Partnern Fußballplätze auf der ganzen Welt zu sanieren.

Lothar Matthäus ist Teil des Legenden-Netzwerks: Weltweite PR-Aktivitäten von frühere Bundesliga-Stars. (Foto: Bundesliga International)

Lothar Matthäus ist Teil des Legenden-Netzwerks: Weltweite PR-Aktivitäten von frühere Bundesliga-Stars. (Foto: Bundesliga International)

SPOBIS: Wie lässt sich das Interesse an der Bundesliga noch steigern?

Naubert: Fan-Events, Viewing-Partys und Gewinnspiele für Reisen in Bundesliga-Stadien sind genauso Bestandteile unserer Aktivitäten wie unser Legenden-Netzwerk, zu dem inzwischen fast 20 frühere Bundesliga-Stars gehören, die weltweit für uns im Einsatz sind. Mit Zugängen zu global oder lokal relevanten Spielern und Trainern für internationale Medien steigern wir unsere PR-Aktivitäten genauso wie durch Media-Visits, bei denen wir Journalisten in Deutschland begrüßen, um das Erlebnis Bundesliga noch greifbarer zu machen. Auch Kooperationen mit Ligen wie der NFL, der Premier Soccer League in Südafrika oder der Indian Super League helfen uns, die Bundesliga in Kernmärkten präsenter zu machen. Auch so können wir neue Fans für uns gewinnen. Eines ist mir dabei aber besonders wichtig zu betonen.

SPOBIS: Und das wäre?

Naubert: Als Bundesliga harmonieren wir in der internationalen Vermarktung bereits eng mit den Clubs, enger als jede andere Liga in Europa. Das kann ein echter USP für die Internationalisierung der Bundesliga werden. Wir haben hier noch unglaublich viel Potenzial, wenn wir unsere Kräfte bündeln und bereit sind, an der richtigen Stelle zu investieren.

Peer Naubert, Chief Marketing Officer und Geschäftsführer der Bundesliga International, verantwortet das globale Marketing, die Vermarktung der internationalen Medienrechte sowie den Vertrieb der Lizenz- und Sponsoringrechte der DFL. Er ist bereits seit 2018 für die DFL-Gruppe tätig. Vor seinem Wechsel zur DFL arbeitete er als Senior Vice President Market Development bei Sportfive, wo er die Entwicklung und Implementierung von Internationalisierungs- und Wachstumsstrategien für Rechtehalter in neuen Märkten verantwortete. So begleitete der studierte Betriebswirt in dieser Zeit unter anderem die National Football League (NFL) sowie verschiedene europäische Fußballclubs bei deren Internationalisierungsaktivitäten in Europa, China, Südostasien sowie Nord- und Mittelamerika.

SPOBIS: Noch mehr Impact wäre mit einem höheren Marketingbudget möglich. Die spanische La Liga soll hier nach SPOBIS-Informationen zwischen 60 und 70 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung haben – mehr als das Zehnfache der Bundesliga. Die La Liga arbeitet gleichzeitig mit 160 Mitarbeitenden an der Internationalisierung, auch diese Zahl ist um den Faktor vier höher als in der Bundesliga. Schauen Sie als CMO in dieser Hinsicht neidisch gen Süden?

Naubert: Nein, denn wir verfolgen selbst eine klare Strategie und haben den Investitionsbedarf definiert. Unabhängig davon bin ich der Meinung, dass wir mit unseren limitierten Mitteln aktuell im Vergleich deutlich mehr für die Bundesliga erreichen und herausholen. Eine besondere Relevanz in den einzelnen Märkten gelingt aber nur, wenn wir gemeinsam mit den Clubs noch aktiver werden und deutlich mehr Ressourcen für das Produkt Bundesliga aufbringen.

SPOBIS: Das DFL-Präsidium wird den Prozess zum Abschluss einer Vermarktungspartnerschaft mit einem strategischen Partner nicht weiterführen. Inwieweit beeinflusst dies die künftigen Wachstumsmöglichkeiten der Bundesliga im internationalen Bereich?

Naubert: Uns muss klar sein, dass Investitionen wesentlich zum Wachstum unseres internationalen Geschäfts beitragen. Wir können aktuell noch nicht die volle Kraft entfalten, die wir entfalten könnten. Denn die Bundesliga hat in Bezug auf die internationale Vermarktung noch großes Potenzial. Das positive Momentum ist auf unserer Seite. Es braucht aber einen Push und Investitionen, um das Wachstum noch deutlich zu beschleunigen und mittel- und langfristig die Früchte zu ernten, die wir bereits in den vergangenen Jahren gesät haben und weiter säen werden.

SPOBIS: Herr Naubert, vielen Dank für das Gespräch.

Foto: IMAGO / Kirchner-Media

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