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21. Mai 2019

Dammholz über DFL-Rechte: „Gut durchdacht mit einer Überraschung“

Das vorläufige Ausschreibungskonzept für die Bundesliga-Medienrechte ab der Saison 2021/22 ist im Markt. Im SPONSORs-Interview bewertet Kay Dammholz, Partner von Sass Media und ehemaliger DFL- und Dazn-Manager, die wichtigsten Aspekte des Vermarktungsplans der Deutschen Fußball Liga (DFL).

SPONSORs: Herr Dammholz, Sie können als ehemaliger Mitarbeiter von Dazn und der DFL das neue Ausschreibungskonzept für die Bundesliga-Medienrechte aus mehreren Blickwinkeln bewerten. Aber können Sie es auch neutral beurteilen, nachdem Sie mittlerweile mit einer eigenen Agentur als Berater aktiv sind?

Dammholz: Ja, das kann ich. Wir stehen mit Sass Media zwar mit mehreren Unternehmen in Gesprächen über ein mögliches Beratungsmandat für den Ausschreibungsprozess. Aktuell ist aber noch nichts fixiert, sodass ich unbefangen sprechen kann.

SPONSORs: Und, wie bewerten Sie das Konzept der DFL?

Dammholz: Die Planungen scheinen mir ausgewogen, gut durchdacht und aus Verkäufersicht hinsichtlich einer Erlösmaximierung Erfolg versprechend.

SPONSORs: Können Sie das bitte näher erläutern?

Dammholz: Die Reduzierung von fünf auf vier Pay-Live-Pakete sorgt dafür, dass jedes einzelne Paket eine erhebliche Wucht hat. Ein Haupterwerber, nehmen wir der Einfachheit halber mal Sky, kann es sich nicht mehr erlauben, eines davon – salopp formuliert – „liegen zu lassen“. Der Umstand, dass der Erwerb aller Pakete mehr oder weniger lebensnotwendig für so einen Haupterwerber ist, erhöht den Bieterdruck signifikant. Umgekehrt reicht einem Erwerber diesmal möglicherweise schon ein einziges Paket, um ein wettbewerbsfähiges Angebot in den Markt bringen zu können.

SPONSORs: Sky kann durch den Wegfall einer klassischen „No-Single-Buyer-Rule“ aber neuerdings alle Spiele erwerben, wenn auch nicht exklusiv. Das ist aus Bietersicht doch eine klare Verbesserung.

Dammholz: Ja, gerade auch um das eigene Produkt kommunikativ mit klaren Botschaften bewerben zu können. Alle Spiele wieder bei einem Anbieter abonnieren zu können, wäre zudem nicht nur schön für diesen Anbieter selbst, sondern auch aus Verbraucher-Sicht wünschenswert. Dennoch sehe ich das neue Konzept aus Sicht von Sky zwiegespalten. Denn so ganz ist das Alleinerwerbsverbot ja nicht aus der Welt; vielmehr wird es zwangsläufig einen zweiten Käufer für ein werthaltiges Paket geben, entweder exklusiv oder zumindest für eine nicht-exklusive OTT-Verwertung. Es ist also davon auszugehen, dass ein OTT-Anbieter mit mindestens einem werthaltigen Rechtepaket in den Markt gehen kann.

SPONSORs: Sie halten damit die Ausschreibung für vergleichsweise vorteilhaft für OTT-Anbieter wie Amazon und Dazn sowie den Eurosport Player beziehungsweise das neue Joint Venture Joyn?

Dammholz: In der Tat wirkt die Ausschreibung für diese und andere Streaming-Dienste wie zugeschnitten. Sie erhalten zwangsläufig Zugang zu mindestens einem werthaltigen Paket, das der Hauptkäufer nicht exklusiv erwerben kann.

SPONSORs: Zumindest, wenn man davon ausgeht, dass nicht-exklusive Teilrechte ausreichen, um das eigene Geschäft deutlich weiterzuentwickeln. Aber benötigt nicht gerade Dazn exklusive Live-Rechte der Bundesliga, um seine ambitionierten Wachstumsziele zu erreichen? Diese Rechte wiederum, das haben Sie ja selbst angedeutet, dürften im neuen Konzept deutlich teurer sein als im derzeitigen Zyklus.

Dammholz: Ich kann ja bekanntlich nicht mehr für Dazn sprechen. Aber aus meiner Sicht gäbe es mehrere Möglichkeiten für Dazn, erfolgreich in und mit dem neuen Bundesliga-Rechtezyklus zu sein: zum Beispiel erstens klein und fein wie aktuell nur mit den Highlight-Clip-Rechten oder zweitens mit einem nicht-exklusiven OTT-Paket oder drittens mit dem Erwerb von einem oder mehreren Exklusiv-Paketen. Die entsprechenden unterschiedlichen Rechtekosten müssen dann mit dem jeweiligen Business-Modell zusammenpassen und Sinn ergeben. Aber Sie haben meines Erachtens recht mit Ihrer Einschätzung, dass Dazn – um weiter deutlich zu wachsen – idealerweise wohl Exklusiv-Rechte bräuchte.

SPONSORs: Eine weitere zentrale Neuerung des Konzepts ist, dass die DFL die sogenannten Verwertungsverpflichtungen reduzieren will. Konkret reicht es neuerdings aus, Live-Rechte nur über Web-TV und Mobile-TV zu verwerten. Auch das spielt den OTT-Anbietern in die Karten. Ist es angesichts der vergleichsweise schlechten Breitbandabdeckung in Deutschland aber nicht ein Risiko?

Dammholz: Diese Regelung ist offensichtlich dazu gedacht den Bieter-Wettbewerb um die exklusiven Live-Pakete seitens der reinen Streaming-Dienste zusätzlich anzuheizen, da diese Anbieter die Rechte kaum in linearer Form auf traditionellen reichweitenstarken Übertragungswegen ausstrahlen wollen würden, sondern eben nur als OTT. Bei aller Nachvollziehbarkeit der Überlegungen überrascht es mich schon ein wenig, dass die DFL für den wirtschaftlichen Erfolg in Kauf nimmt, dass im Falle eines Exklusiv-Erwerbs durch einen OTT-Anbieter ein gewisser Teil der Bevölkerung (nach aktuellen Studien circa zehn Prozent, Anm. der Redaktion) de facto von der entsprechenden Live-Berichterstattung ausgeschlossen würde. Und bei allen bekannten Vorteilen der Streaming-Technologie gegenüber den herkömmlichen Angeboten könnte zumindest die Qualität von Live-Übertragungen hinter der von traditionellen Übertragungswegen zurückbleiben. Andererseits befindet sich unser Mediennutzungsverhalten klar im Wandel und OTT-Dienste wie Netflix, Amazon Prime Video, Eurosport Player, Dazn sowie die diversen Mediatheken sind bereits heute zur Normalität im Alltag geworden – und wir reden schließlich von einem Rechtezyklus bis 2025.

Kay Dammholz hat im Oktober 2018 zusammen mit Robert Niemann die Sportmarketing-Agentur Sass Media mit Sitz in Unterföhring bei München eröffnet. Diese ist in den Bereichen Beratung, Vermarktung sowie Sports Investments tätig. Der heute 50-Jährige war zuvor zwei Jahre lang als Managing Director Rights & Distribution DACH bei der Dazn Group (vormals Perform Group) tätig und hatte dort die Akquise sowie die kommerzielle Verwertung der Rechte von Dazn im deutschsprachigen Raum verantwortet. Vor seiner Zeit bei Dazn war er acht Jahre als Vice President Sales Audiovisual Rights für die internationale Rechtevermarktung der Bundesliga bei der Liga-Tochter DFL Sports Enterprises verantwortlich, die mittlerweile als Bundesliga International firmiert. Davor arbeitete er bei unterschiedlichen internationalen Rechteagenturen wie Kentaro und Sportfive.

VUSPONSORs: Wie wären Sie aus der Sicht der DFL das Thema Verwertungsverpflichtungen angegangen?

Dammholz: Ich hätte eher mit einer leichten Erhöhung der technischen Mindestverbreitungsverpflichtungen gerechnet, gerade weil in der Vergangenheit technische Probleme aufgetreten sind (z. B. beim Eurosport Player, Anm. der Redaktion) und einige OTT-Anbieter für sich allein kämpfen und sich mit der Distribution ihrer jeweiligen Apps und Angebote entsprechend schwertun. Hier wird die Aggregation zu kundenfreundlichen „One-Stop-Shop“-Angeboten wieder dem Markt überlassen, was bislang nicht wirklich funktioniert hat. Hier sehe ich in Zukunft klar die Infrastrukturanbieter, Plattformen und Gerätehersteller gefordert, ihren Endkunden attraktive Produktpakete mit kundenfreundlichen Bestell- und Bezahllösungen anzubieten.

SPONSORs: Das dürfte in der Theorie leichter gesprochen sein, als es in der Praxis umzusetzen ist.

Dammholz: Ich halte es auch für denkbar, dass die DFL und/oder das Bundeskartellamt entsprechende Kooperationsabsprachen bereits vor oder während der Ausschreibung zulassen. Eine weitere Alternative wäre, dass das Bundeskartellamt im Sinne des  Verbrauchers eine wie auch immer im Detail ausgestaltete Regulierung einführt, bei der die Programm-Anbieter verpflichtet werden, ihre Angebote auch Konkurrenz-Plattformen zum Vertrieb anzubieten. In der Praxis hätte so eine Vorgabe im aktuellen Zyklus mit sich gebracht, dass das Angebot von Eurosport auch über die Satellitenplattform von Sky verbreitet würde. So etwas wurde beispielsweise 2010 in Großbritannien von den Behörden für Sky UK und British Telecom angeordnet.

SPONSORs: Offenbar sehen das Bundeskartellamt und die DFL das Thema Verwertungsverpflichtungen anders. Glauben Sie, dass in dieser Sache schon das letzte Wort gesprochen ist?

Dammholz: Ich denke schon. Allenfalls gibt es noch die eine oder andere kleine Nachjustierung. In erster Linie hängt es davon ab, ob einzelne oder mehrere Marktteilnehmer das Thema in der Befragung des Kartellamts kritisch anmerken. Die Behörde selbst hält es offenbar in ihrer Abwägung für wichtiger, die OTT-Anbieter zu fördern.

SPONSORs: Abseits der inhaltlichen Themen gilt es zu berücksichtigen, dass die Ausschreibung erst ab der Bundesliga-Saison 2021/22 gilt. Bis dahin kann noch viel passieren, was derzeitige Diskussionen und Machtkämpfe im Weltfußball zeigen.

Dammholz: Absolut. Es ist aus Sicht der Rechtekäufer ratsam, einen genauen Blick in die Zukunft zu werfen. Die Winter-WM 2022 in Katar wird erheblich den Spielplan der europäischen Ligen in der Saison 2022/23, aber auch die Kalender der Spielzeiten 2021/22 und 2023/24 beeinträchtigen – unabhängig davon, ob die diskutierte Aufstockung des Turniers auf 48 Teams kommt. Ich bin sicher, die DFL wird in Abstimmung mit dem DFB, der UEFA und der FIFA eine gute Lösung finden, aber das wird keine leichte Aufgabe.

SPONSORs: Was bedeutet das für Medienunternehmen, die sich künftig für Bundesliga-Rechte interessieren?

Dammholz: Die Fußball-WM dürfte dazu führen, dass die Spielpläne der nationalen Ligen gestaucht werden, es also mehr Spieltage unter der Woche geben wird als aktuell geplant – und damit weniger Regelspieltage am Wochenende. Das könnte die Werthaltigkeit einiger Rechtepakete negativ beeinflussen, je nachdem, wie die gegebenenfalls zahlreichen „englischen Wochen“ auf die Pakete aufgeteilt werden. Das ist aber noch nicht alles, was es zu berücksichtigen gibt.

SPONSORs: Was meinen Sie?

Dammholz: Die Saison 2024/25, also die letzte Spielzeit im kommenden Bundesliga-Zyklus, ist zugleich die erste im übernächsten Zyklus der UEFA Champions League. Da die „Königsklasse“ künftig möglicherweise auch am Wochenende gespielt wird, ist für die Bundesliga zumindest theoretisch ab jener Saison mit zusätzlichen Spieltagen unter der Woche zu rechnen. Das Thema UEFA Champions League bringt mich übrigens auf einen letzten interessanten Punkt. Die UEFA überlegt derzeit, die Europapokalrechte für den kommenden Rechtezyklus 2021/22 bis 2023/24 noch in diesem Jahr auf den Markt zu bringen, also noch vor der Bundesliga-Ausschreibung. Wenn sich das bewahrheitet, gibt es eine weitere Facette, die den bevorstehenden Bundesliga-Ausschreibungsprozess spannender denn je machen wird, nämlich die Frage, wer sein „Pulver für die Bundesliga trocken hält“ und wer als Erster vorprescht und „all in“ bei der UEFA Champions League geht.

SPONSORs: Herr Dammholz, vielen Dank für das Gespräch.

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