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01. März 2023

Der Weg ins Metaverse: Was Entscheider im Sport beachten müssen

Nur sieben Prozent der Deutschen kennen den Begriff Metaverse. Auch im Sport ist das Wissen um die virtuelle Realität nur rudimentär vorhanden. Doch in dem Thema steckt enormes Potenzial. Wer es nutzen möchte, sollte zuerst die Basics klären.

Die Nachfrage nach digitalen Innovationen im Sportbusiness ist nach wie vor ungebrochen. Das bestätigen unter anderem auch die Teilnehmerzahlen der SPOBIS-Masterclasses vom vergangenen Jahr. Zu den mit Abstand erfolgreichsten Online-Sessions 2022 gehörte die Masterclass mit dem Titel „Digitale Erlösmodelle auf dem Prüfstand“, die Themen wie NFTs und das Metaverse behandelte.  

So groß der Andrang war, so wenig entwickelt sind (noch) das Wissen über und das Verständnis des Metaverse. Im Sportbusiness sprechen viele über die 3D-Welten, aber nur die wenigsten wissen, was es wirklich ist, oder haben gar schon einmal eine Metaverse-Plattform besucht. (Lesen Sie hierzu auch den Artikel, wie ein Metaverse-Einstieg für Clubs und Brands konkret gelingen kann.)

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Sieben Kriterien

Wer das Metaverse in seinen Grundzügen verstehen will, sollte sich im ersten Schritt mit den Texten des Risikokapitalisten Matthew Ball beschäftigen. Dessen 2020 veröffentlichtes Essay „The Metaverse: What It Is, Where to Find it, Who Will Build It, and Fortnite“ gilt in der Branche als Grundlagenwerk. Selbst Mark Zuckerberg lobte die Arbeit in höchsten Tönen. Medienberichten zufolge wurde das Essay von Metas Firmenchef sogar zur Pflichtlektüre für alle Angestellten erklärt. Ball definiert in seinem Essay sieben Kriterien für das Metaverse: 

  1. Das Metaverse kann niemals beendet oder pausiert werden. 

  2. Es ist live. Zwar laufen im Metaverse, wie auch in der realen Welt, zeitlich begrenzte Events ab. Das Metaverse als Ganzes findet jedoch in Echtzeit statt. 

  3. Es gibt keine Obergrenze für die Teilnehmer-Zahl. 

  4. Das Metaverse hat sein eigenes Ökosystem. Unternehmen und Individuen können investieren, kaufen, verkaufen und für Arbeit innerhalb des Metaverse bezahlt werden. 

  5. Das Metaverse umfasst die digitale Welt genauso wie die physische. Außerdem gibt es offene und geschlossene Plattformen innerhalb des Metaverse.

  6. Digitale Objekte sind innerhalb des Metaverse austauschbar. Als Beispiel nennt Ball Objekte aus Videospielen, die heute nur in dem jeweiligen Game genutzt werden können.

  7. Das Metaverse ist voll von Inhalten und Erfahrungen, die von Individuen, privaten Gruppen oder Unternehmen erstellt werden. 

Auf den Punkt gebracht bietet das Metaverse eine 3D-Technologie in Echtzeit, in der die digitale und die physische Welt miteinander verschmelzen. Zuckerberg spricht beispielsweise vom „embodied internet“ – also dem „verkörperten Internet“ –, das soziale Medien, Gaming, Arbeitswelt, Freizeitveranstaltungen und Shopping gleichermaßen in einer dreidimensionalen Plattform vereint. 

Experten gehen davon aus, dass das Metaverse die nächste Evolutionsstufe des Internets ist. Und das Marktpotenzial scheint gewaltig zu sein: Schätzungen von Bloomberg zufolge beläuft sich der adressierbare Markt für das Metaverse auf unglaubliche acht Billionen US-Dollar. Allein im Jahr 2021 sind über zehn Milliarden US-Dollar Risikokapital in Start-ups geflossen, die sich mit dem Metaverse befassen. Ein Beispiel ist die australische Firma Animoca Brands, die mit ihrer Vision eines offenen Metaverse eine Bewertung von rund fünf Milliarden US-Dollar erzielt.

Fashion Week im Metaverse

So viel zu den theoretischen Grundlagen. Doch auf welchem Stand ist das Metaverse heute? Hier lohnt zunächst ein Blick auf die Modeindustrie, die in diesem Bereich als Vorreiter gilt. Vom 24. bis 28. März 2022 fand die erste Metaverse Fashion Week (MVFW) statt (siehe Video unten). Rund 108 000 Menschen besuchten die Modewoche virtuell. Den größten Ansturm gab es am Freitag, als 48 000 User zu den Stores und Shows von über 70 Modemarken strömten. Nach offiziellen Angaben wechselten während der gesamten Veranstaltung 7065 sogenannte Wearables den Besitzer. Dadurch erwirtschafteten die Modeanbieter 76.757 US-Dollar.

Auch wenn die KPIs steigerungsfähig sind, fällt das Fazit in der Modebranche durchweg positiv aus: Trotz technischer Pannen zeigten sich große Marken wie Tommy Hilfiger und Dolce & Gabbana zufrieden und kündigten einen Ausbau ihres Metaverse-Engagements an. Und auch der Veranstalter gab im Dezember 2022 bekannt, dass die MVFW im März 2023 zurückkehren wird.  

Schauplatz der Fashion Week im Metaverse ist das sogenannte Decentraland. Voraussetzung für die Teilnahme auf der beliebten Metaverse-Plattform ist der Besitz von digitalem Land. So können Organisatoren wie etwa die Veranstalter der Fashion Week mithilfe der Blockchain-Technologie digitales Land erwerben, um anschließend eine Welt nach eigenen Vorstellungen zu erschaffen. Zur Einordnung: Das günstigste Decentraland-Grundstück kostet zurzeit rund 3800 MANA (digitale Währung) oder etwa 5000 US-Dollar. Bei den Verkaufspreisen sind nach oben keine Grenzen gesetzt.

Die Handhabung für Konsumenten ist einfacher als für Veranstalter: Nach der Anmeldung können sich Nutzer mit ihren Avataren kostenlos im Decentraland bewegen. Das ist im Vergleich zu anderen Metaverse-Plattformen eine geringe Einstiegshürde und sicherlich auch der Hauptgrund, warum das Decentraland aktuell bei Event-Veranstaltern so gefragt ist. Da (noch) keine zusätzlichen digitalen Technologien wie Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR) oder Mixed Reality (MR) zum Einsatz kommen, ist das Erlebnis im Metaverse entsprechend simpel gehalten und weit weg von der Realität. Dennoch wird von einer virtuellen 3D-Welt gesprochen.

Die Königsdisziplin

Eine gänzlich andere Metaverse-Strategie verfolgen die „üblichen Verdächtigen“ der Tech-Branche. Dazu zählen unter anderem Apple, Google, Microsoft und Meta. Im Kampf um die Marktführerschaft fließen große Summen in die Entwicklung des Metaverse. Allein Meta investiert jährlich mehr als zehn Milliarden US-Dollar in Technologien wie AR und VR. Zuckerbergs Vision ist klar: mit Meta einen globalen digitalen Ort zu erschaffen, in dem alle Nutzer sich in Form von 3D-Profilen mit Avataren global vernetzen. 

So funktioniert das Metaverse von Meta

  • Meta startete „Horizon Worlds“ nach einer zweijährigen Beta-Phase im Dezember 2021. „Horizon Worlds“ ist eine Virtual-Reality-Software und ein Online-Spiel von Meta zum Aufbau einer virtuellen Welt.  

  • „Horizon Worlds“ ist zum einen ein soziales Netzwerk, in dem sich Nutzer virtuell in der Gestalt von Avataren treffen und miteinander agieren können, zum anderen ein Software-Baukasten, um gemeinsam Räume und Orte zu erstellen und zu teilen.  

  • Beim Erstellen der virtuellen Welten sind keine Grenzen gesetzt. Jeder Partner von Meta kann seine eigene, individuelle und auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnittene Welt erschaffen (siehe NBA-Beispiel unten).  

  • Ein Zugang zu „Horizon Worlds“ ist nur mit Metas VR-Headsets Oculus Quest und Meta Quest möglich. Ein Headset kostet um die 500 Euro.

Der Einsatz von Technologien in virtuell genutzten 3D-Räumen, um reale und emotionale Erlebnisse zu schaffen, gilt als Königsdisziplin im Metaverse. Wer das in den kommenden Jahren am authentischsten umsetzt, hat gute Karten, ganz oben im Metaverse-Business mitzuspielen und der zentrale Treffpunkt der Weltbevölkerung zu werden. Um das Ziel zu erreichen, müssen die Konzerne in den kommenden Jahren noch einige Milliarden Euro investieren. Tech-Experten gehen allerdings davon aus, dass sich in Zukunft nicht nur eine Metaverse-Plattform durchsetzen wird, sondern viele verschiedene. Vergleichbar ist das mit der Sendervielfalt im deutschen Free-TV. 

Vorreiter Manchester City

Investieren muss auch der Sport, um das Metaverse lohnend für sich zu nutzen. Für Clubs und Ligen dürfte sich in Zukunft vor allem eine weitere interessante Chance bieten, mit jungen Zielgruppen zu interagieren und das Fan-Engagement zu stärken. Aufgrund der Markenstärke vieler Sportorganisationen sind die Voraussetzungen dabei grundsätzlich vielversprechend. Und so überrascht es nicht, dass einige etablierte Player bereits den Eintritt ins Metaverse gewagt haben.

Erwähnenswert ist das Metaverse-Engagement von Manchester City. Im Fußball gilt der englische Club durch seine Kooperation mit Sony als Pionier. Den „Skyblues“ geht es vor allem darum, eine globale Online-Community ins Leben zu rufen, die Fans bislang so nicht kannten. In dieser können sich Fans zum Austausch untereinander und mit den Spielern treffen und sollen so eine noch engere Verbundenheit zum Club entwickeln. Ein weiteres Ziel ist der Aufbau einer Metaverse-Version des Etihad Stadium. Fans können dann mit ihren personalisierten Avataren das Stadion von überall auf der Welt besuchen. 

Metaverse-Case: Fans können mit ihren Avataren das Etihad Stadium von überall besuchen.

Foto: IMAGO / NurPhoto

Metaverse-Case: Fans können mit ihren Avataren das Etihad Stadium von überall besuchen. Foto: IMAGO / NurPhoto

Das Potenzial beim Etihad-Case scheint gigantisch: Bei internationalen Top-Clubs wie Manchester City wird der größte Teil der Fans – vermutlich mehr als 90 Prozent – nie die Möglichkeit bekommen, ein Spiel im Stadion live zu erleben. Fans jedoch streben nach maximaler Nähe zu ihrem Club. Dreidimensionale und immersive Erlebniswelten wie im Metaverse könnten hier einen signifikanten Mehrwert stiften. 

2023: Richtungsweisendes Jahr

Auch wenn die Entwicklung des Metaverse derzeit noch in den Kinderschuhen steckt, so erscheint das Potenzial im Sportbusiness immens. Schon 2023 könnte ein richtungsweisendes Jahr für Entscheider im Sport werden. Es steht außer Frage, dass Organisationen von den Möglichkeiten im Metaverse profitieren können. Die Frage ist lediglich: ab wann? Zu beachten ist: Die Lernkurven im Metaverse sind sehr steil und die Eintrittsbarrieren werden mit der Zeit immer größer. Daher gehen Experten davon aus, dass Organisationen, die sich frühzeitig mit dem Metaverse beschäftigen, einen uneinholbaren Wissensvorteil haben. Aufgrund der Komplexität der Möglichkeiten und des fehlenden Know-hows im Markt, das man sich im Zweifel später teuer zukaufen muss, spricht vieles für einen frühen Einstieg. 

5 Key-Take-aways für Metaverse-Einsteiger

  1. Grundlagenwerk zum Metaverse lesen: „The Metaverse: What It Is, Where to Find it, Who Will Build It, and Fortnite“

  2. Es gibt nicht DAS Metaverse, die Bandbreite an Plattformen ist riesig. Welcher Anbieter sich durchsetzt, zeichnet sich noch nicht ab. Dabei können verschiedene Technologien (VR, AR etc.) oder auch gar keine zum Einsatz kommen.

  3. Bei Metaverse-Plattformen gibt es unterschiedliche Einstiegshürden für Nutzer: Während man sich bei Decentraland lediglich anmelden muss, ist bei Meta der Kauf eines VR-Headsets erforderlich.

  4. Ein früher Metaverse-Einstieg bedeutet eventuell einen entscheidenden Wissensvorsprung gegenüber Wettbewerbern.

  5. In Kombination mit NFTs können im Metaverse ganz neue Erlösquellen entstehen. Aber Achtung: Es gibt noch keine einheitlichen Standards. Wenn man ein NFT erwirbt, heißt das nicht, dass man es auf allen beliebigen Metaverse-Plattformen einsetzen kann.

Zur Einschätzung, ins Metaverse zu investieren, kamen zuletzt auch vermehrt Player aus der deutschen Sportbusiness-Branche. Das jüngste Beispiel ist der Münchener Privatsender Sport1, der in Zusammenarbeit mit der Agentur 42Meta die Darts-WM 2022 ins Metaverse brachte. Für die Dauer der Weltmeisterschaft wurde ein „Virtual Ally Pally“ mit Fanshop, Hall of Fame, Videowalls und bester Darts-Stimmung geschaffen. „Austragungsort“ für das virtuelle Sportevent war das Decentraland. Laut Sport1 war der erse Use Case im Metaverse ein großer Erfolg, auf dem sich künftig aufbauen lässt.

Von Kosten über die Plattform-Auswahl bis hin zur Rechtslage: Lesen Sie demnächst bei SPOBIS, wie ein Metaverse-Einstieg für Sportrechtehatler und Brands gelingen kann.

Foto: IMAGO / Alexander Limbach

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