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15. Feb. 2024

Was UEFA-Präsident Čeferin über die Heim-EM, die Saudi Pro League und Multi-Club Ownership denkt

Von der UEFA EURO 2024 über Saudi-Arabien bis zum wachsenden Einfluss von Investoren: Es sind spannende Zeiten im Profifußball. Ein Gespräch mit UEFA-Präsident Aleksander Čeferin über die aktuell wichtigsten Themen im Fußballbusiness.

SPOBIS: Herr Čeferin, in vier Monaten startet die UEFA EURO 2024. Was erwarten Sie von der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland?

Čeferin: Das wird eine tolle EURO und ein Fest für jeden Fußballfan. Deutschland ist ein guter Organisator, das haben sie in der Vergangenheit bereits unter Beweis gestellt. Vor allem die Infrastruktur hierzulande ist großartig. Die Austragungsorte liegen nah beieinander, was ein großer Vorteil ist.

SPOBIS: Was für Auswirkungen und Effekte wird das Turnier auf Fußball-Deutschland haben?

Čeferin: Ich denke, dass nicht nur Deutschland langfristig von der EURO profitiert, sondern vor allem der Fußball in seiner Gesamtheit. So ein Großevent wie die EURO in diesen Zeiten kann nur Positives für die Gesellschaft hervorrufen. Wir können zeigen, dass wir Freunde sind, dass wir rund um das Fußballspiel eine Verbindung aufbauen können.

SPOBIS: Mit wie vielen Besucherinnen und Besuchern rechnet die UEFA?

Čeferin: Es werden bis zu vier Millionen Touristen erwartet.

SPOBIS: Apropos globaler Einfluss: Wie sieht die UEFA die Rolle globaler Investoren für den europäischen Fußball?

Čeferin: Investoren sind meiner Meinung nach willkommen, solange sie sich an die Regeln halten. Und man muss die Verbindungen zwischen Vereinen kennen.

SPOBIS: Was meinen Sie konkret?

Čeferin: Der Charme des Fußballs ist, dass kleine Vereine gegen große jederzeit gewinnen können. Haben diese beiden Clubs aber denselben Besitzer, ist die Wahrnehmung der Leute, dass das nicht fair ist. Das ist also eine der Herausforderungen, die wir haben. Wir wollen, dass Investoren kommen, aber wir wollen auch, dass die Regeln eingehalten werden.

SPOBIS: In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Besitz von mehreren Vereinen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Der FC Bayern München hat kürzlich gemeinsam mit dem Los Angeles FC einen Club in Uruguay gekauft. RB Leipzig ist Teil der Red-Bull-Gruppe mit Vereinen in Nordamerika, Afrika und Europa. Sehen Sie diesen Trend als Segen oder als potenzielle Bedrohung für den Clubfußball?

Čeferin: Schauen Sie: Meiner Meinung nach ist es kein Problem, mehrere Vereine in unterschiedlichen Konföderationen zu besitzen. Das Problem tritt dann auf, wenn man zwei Clubs im selben Wettbewerb hat. Und das lassen wir als UEFA nicht zu. Ich denke, dass die Frage der Multi-Club Ownership immer mehr aufkommt. Wir müssen uns überlegen, ob wir so tun wollen, als gäbe es das nicht, oder ob wir Regeln aufstellen und Grenzen setzen. 

„Warum sollten wir jetzt Angst haben?“: UEFA-Präsident Čeferin sieht Saudi-Arabien nicht als Bedrohung für den europäischen Fußball. (Foto: picture alliance/dpa | Christian Charisius)

„Warum sollten wir jetzt Angst haben?“: UEFA-Präsident Čeferin sieht Saudi-Arabien nicht als Bedrohung für den europäischen Fußball. (Foto: picture alliance/dpa | Christian Charisius)

SPOBIS: Wie steht es um das Financial Fair Play im europäischen Fußball?

Čeferin: Früher konnten Clubs 200 Prozent ihres Budgets für Transfers, Gehälter und Agenten ausgeben, jetzt haben wir es auf 70 Prozent begrenzt. Das sollte dabei helfen, die Vereine gesünder und nachhaltiger aufzustellen. Wenn alle Ligen, vor allem die großen, die Regeln des Financial Fair Play ähnlich wie die UEFA anwenden, werden die Dinge besser werden.

SPOBIS: Einer der mächtigsten Investoren im Fußball ist Saudi-Arabien. Haben Sie Angst vor dieser neuen „Supermacht“ im Fußball?

Čeferin: Nein, das habe ich nicht. Warum sollten wir jetzt Angst haben? Es ist völlig in Ordnung, wenn die saudische Liga eine Macht im Fußball werden will. Auch wenn ich die Verantwortlichen nicht belehren möchte, glaube ich, dass sie einen falschen Ansatz verfolgen.

SPOBIS: Warum?

Čeferin: Erstens: Entwickeln sie ihre jungen Spieler weiter? Nein, das glaube ich nicht. In China war es ähnlich und es ist nicht sehr gut ausgegangen. Zweitens: Ich habe eine Umfrage über den Fußball in Europa gesehen. Die europäischen Fans verfolgen demnach zwei Dinge: ihren Verein, die Nationalmannschaft oder beides. Sie folgen den Spielern nicht bis zum Mond. Das lässt sich nicht so einfach ändern.

SPOBIS: Sprechen wir über den Clubfußball: Wie zufrieden sind Sie mit der Reform der UEFA Champions League?

Čeferin: Mit der Reform geht eine große Veränderung einher. Es war kein Kompromiss. Der neue Modus wird den Fußball noch interessanter machen.

SPOBIS: Von der „Königsklasse“ zur Super League. Wie gefährlich ist das neue Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Ihren Verband?

Čeferin: Ich werde langsam müde, überhaupt darüber zu sprechen. Es gab eine Pressemitteilung und es gab eine Entscheidung des Gerichts, die ganz anders war. Man kann nicht etwas erzwingen, was meiner Meinung nach nicht ist. Und ich denke, dass man in Europa immer noch die Meinung haben kann, dass dies ein Nicht-Fußball-Projekt ist.

SPOBIS: Sie glauben also, dass die Super League nicht zustande kommen wird?

Čeferin: Nein, ich denke, es wird nicht passieren.

SPOBIS: Herr Čeferin, vielen Dank für das Gespräch. 

Das Interview ist ein Ausschnitt des 1:1-Talks von Aleksander Čeferin und Hagen Boßdorf auf der SPOBIS Conference 2024.

Foto: SPOBIS / picture alliance

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