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06. März 2023

Vor DFL-Investoren-Entscheidung: Medienrechte-Analyse der europäischen Top-Ligen

Die Medienrechteerlöse in drei von Europas Top-5-Ligen sind in den vergangenen zehn Jahren im Durchschnitt zweistellig gewachsen. Wo die Bundesliga vorne liegt und welches ihre größte Herausforderung ist, zeigt eine exklusive SPOBIS-Analyse.

In der laufenden Spielzeit 2022/23 werden die fünf europäischen Top-Ligen aus England, Spanien, Italien, Deutschland und Frankreich nach einer exklusiven SPOBIS-Analyse auf Basis von Finanzkennzahlen der UEFA voraussichtlich rund neun Milliarden Euro aus dem Verkauf ihrer nationalen und internationalen Medienrechte erlösen. Eine Zahl macht dabei das Ungleichgewicht in Europas Fußball besonders deutlich: Die neun Milliarden Euro, die auf die Premier League, La Liga, Serie A, Bundesliga und Ligue 1 entfallen, entsprechen 87,5 Prozent der Gesamterlöse im Medienbereich aller europäischen Ligen. Alle Ligen abseits der Top-5 erlösen hier mit circa 1,3 Milliarden Euro pro Jahr gemeinsam gerade einmal genau so viel, wie die Bundesliga aktuell über ihre Medienrechte allein verdient.

Doch auch zwischen den fünf Top-Ligen gibt es erhebliche Unterschiede. So konnte die Premier League ihre Medienrechteerlöse innerhalb von zehn Jahren um mehr als zwei Milliarden Euro steigern. Die Zuwächse der anderen Top-Ligen sind in diesem Zeitraum nicht einmal halb so hoch (La Liga, Bundesliga) oder betragen sogar nur etwa ein Viertel (Serie A, Ligue 1). Beachtlich: Mit einem Plus von 14,1 Prozent weist die Bundesliga im Durchschnitt des betrachteten Zehn-Jahres-Zyklus – relativ betrachtet – sogar das größte durchschnittliche Umsatzwachstum der Top-5 auf (siehe Grafik unten). 

Die Corona-Krise hat erwartungsgemäß auch in diesem Einnahme-Segment als Wachstumsbremse fungiert. Den europäischen Ligen ist während der Pandemie-Monate kumuliert eine Milliarde Euro im Bereich der Medienrechteerlöse verlorengegangen. Grund hierfür waren insbesondere Spielausfälle in der Saison 2019/20 und der Wegfall von bestehenden Verträgen aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten einiger Bestandspartner. Vergleicht man die beiden Spielzeiten 2019/20 und 2022/23 so weisen lediglich die Premier League (+9 Prozent) und die La Liga (+11 Prozent) Zuwächse bei ihren Medieneinnahmen auf. Die übrigen Top-Ligen verzeichnen zweistellige prozentuale Rückgänge und verloren im Vergleich der Saisons jeweils dreistellige Millionenbeträge (siehe Grafik unten).  

Die Deutsche FußballLiga (DFL) berät aktuell über eine befristete Minderheitsbeteiligung eines strategischen Partners an den künftigen Medienerlösen. In anderen europäischen Top-Ligen haben Beteiligungen von Investoren bereits stattgefunden. 2,7 Milliarden Euro kassiert die spanische La Liga für den Verkauf von rund zehn Prozent ihrer Medieneinnahmen für 50 Jahre, 1,5 Milliarden Euro bekam die französische Ligue 1 für den Verkauf von 13 Prozent ihrer Anteile. Investiert hat in beiden Fällen CVC Capital Partners. Das Private-Equity-Unternehmen gehört auch zu den sechs Bundesliga-Interessenten.

Advent, Blackstone, Bridgepoint, EQT und KKR heißen die weiteren Kandidaten, die sich bei der DFL vorgestellt haben. Diese wird bei dem Prozess und ihrer Entscheidung von der Deutschen Bank und der Investmentbank Nomura beraten. Ein Investor könnte auf einen Schlag bis zu drei Milliarden Euro in die Kassen der Erst- und Zweitligisten spülen. Dafür würde er für 20 bis 25 Jahre 15 Prozent der Anteile einer neu zu gründenden DFL-Tochtergesellschaft erwerben, in die die nationalen und internationalen Medienrechte ausgelagert werden. In den kommenden Wochen soll eine „Short-List“ erstellt werden, mit der das Bieterfeld auf drei verbleibende Bewerber reduziert wird. Bei einer Abstimmung wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Clubs aus der Bundesliga und der 2. Bundesliga notwendig.

Mit den neuen Geldern könnte die DFL vor allem in die eigene Digitalisierung investieren und so das Wachstum der eigenen Medienerlöse noch mehr in die eigenen Hände nehmen. Insbesondere im Bereich der internationalen Vermarktung der Medienrechte scheint ein neuer Impuls zwingend nötig. Vor allem die Premier League ist hier längst in anderen Sphären unterwegs und nimmt in der aktuellen Rechteperiode außerhalb des Königreichs 6,3 Milliarden Euro ein (2022/23 bis 2024/25), mehr als das zehnfache der Bundesliga. Wie abhängig die Bundesliga von den nationalen Medienerlösen ist, zeigt sich beim Blick auf den Anteil des Heimatmarktes an den gesamten Medieneinnahmen. Hier ist die Bundesliga mit einem Anteil von 86 Prozent nach der Ligue 1 Spitzenreiter (siehe unten Grafik). 

Erschwerend hinzu kommt: Der Anstieg der Medienrechteerlöse in den Heimatmärkten der Top-5-Ligen ist nach einem Jahrzehnt hohen Wachstums zuletzt nahezu zum Stillstand gekommen. Jüngste Zuwächse durch neue Verträge stammen meist aus internationalen Märkten, in denen je nach lokaler Dynamik noch ungenutztes Potenzial vorhanden war und ist. Allen Ligen gemein dürfte indes sein, dass sie darauf hoffen, dass die Marktaussichten günstiger sind, wenn der Verkauf ihrer Medienrechte für die nächsten Rechtezyklen beginnt. Genau dafür gilt es sich aber bereits heute, strategisch und konzeptionell in Position zu bringen. 

Foto: picture alliance / firo Sportphoto | Ralf Ibing

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