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09. März 2022

Nachhaltigkeit: Drei Erfolg versprechende Cases aus dem Profisport

SPOBIS hat im Rahmen eines umfassenden Nachhaltigkeits-Reports 25 Cases aus dem Profisport identifiziert, die sich nahezu überall anwenden lassen. Drei richtig gute und adaptierbare Projekte, stellen wir hier schon mal vor.

Bei allem Willen, das Thema Nachhaltigkeit stärker zu verankern, muss man natürlich feststellen, dass der Profisport per se der Umwelt Schaden zufügt. Die Mannschaften müssen reisen, die Fans mit ihnen, Verpackungen, Lebensmittel, Merchandise-Artikel werden produziert und transportiert und so wird natürlich auch eine Menge CO2 freigesetzt. Das hat die TSG Hoffenheim zum Anlass genommen, die verursachten CO2-Emissionen zu kompensieren. Dafür unterstützen die „Kraichgauer“ nachhaltige Klimaprojekte in den afrikanischen Ländern Uganda und Ruanda, die auch noch der regionalen Wirtschaft helfen.

Viele Projekte in der Umsetzung

In Afrika setzt die TSG Hoffenheim seit Jahren verschiedene Projekte um, seit 2018 in Kooperation mit dem Bundesentwicklungsministerium. Dazu gehören fair produzierte Textilien für die 2019 gelaunchte Lifestyle-Marke Umoja, Sport-, Bildungs- und Umweltprojekte. 2019 kompensierte Hoffenheim CO2-Emissionen über ein Aufforstungsprojekt von Global Woods International im Kikonda Forest in Uganda. Da weitere Kompensationen über das Projekt in Uganda aus Kapazitätsgründen nicht möglich sind, ist der Bundesligist seit vergangenem Jahr zudem bei einem Myclimate-Kompensationsprojekt in Ruanda beteiligt, wo effiziente Kocher zum Einsatz kommen, durch die 80 Prozent weniger Holz verbraucht werden.

Ebenfalls seit der Saison 2019/20 unterstützt der Club über das „Klima-Ticket“ das Projekt „Kleinbauern forsten Wälder auf“ im Westen von Uganda. Beim Kauf einer Eintrittskarte können Zuschauer und Fans der TSG Hoffenheim freiwillig eine beliebige Anzahl von Baumsetzlingen für je einen Euro hinzubuchen. Mithilfe von Myclimate werden somit Baumsetzlinge in Uganda gepflanzt, wodurch neben der Absorption von Kohlenstoffdioxid die biologische Diversität unterstützt und die Lebensbedingungen der dort hauptsächlich lebenden Kleinbauern verbessert werden soll. In der Saison 2019/20 hat der Namingright-Partner Prezero allen Zuschauern eines Spiels ein solches Klima-Ticket spendiert und somit 23 500 Euro an das Myclimate-Kompensationsprojekt in Uganda gespendet.

Das „Klima-Ticket“ wird laut Stefan Wagner, Leiter Stabsstelle Unternehmensentwicklung TSG 1899 Hoffenheim, „gut angenommen“. Aktuell würden fünf bis zehn Prozent der Zuschauer beim Erwerb einer Eintrittskarte die Projekte in Afrika unterstützen. Vor dem Hintergrund, dass das „Klima-Ticket“ nicht sehr beworben wurde, auch weil es durch die Corona-Pandemie eine Reihe von Beschränkungen der Zuschauerzahlen gab, sei dieser Wert „verhältnismäßig gut.“

CO2-Ausgleich von 3000 Tonnen

Die Kompensationsprojekte in Uganda und Ruanda untermauern glaubhaft das Bild der TSG von einem Club, der sich mit diversen Projekten in Afrika gesellschaftlich und ökologisch engagiert. Anstatt nur die CO2-Emissionen zu kompensieren, runden die ausgewählten Projekte in Afrika die Nachhaltigkeitsstrategie des Clubs ab. Neben diversen Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes (zum Beispiel über eine etwa 10 000 Quadratmeter große Photovoltaik-Anlage neben dem Stadion in Sinsheim sowie rund 2500 Quadratmeter Solarzellen auf dem Gelände des Trainings- und Geschäftsstellenzentrums in Zuzenhausen) kompensiert die TSG ihre Emissionen umfassend: Insgesamt gleicht der Bundesligist für die Saison 2020/21 Emissionen in Höhe von 3000 Tonnen CO2 aus.

Seit 2019 werden außerdem die Anreise der Gastmannschaften sowie des Schiedsrichterteams mit pauschal elf Tonnen CO2 je Spieltag – also noch einmal 187 Tonnen bei 17 Heimspieltagen kompensiert. Schon seit der Spielzeit 2019/20 ist der Verein nach eigenen Angaben bilanziell klimaneutral. Eine Maßnahme, die das Ansehen des Clubs nach außen und innen steigert.

Nicht nur im Fußball wird an nachhaltigen Projekten gearbeitet, sondern auch im Handball. Bei der Idee des Upcylings stellen die Rhein Neckar-Löwen aus nicht mehr verkäuflichen Textilien in Zusammenarbeit mit Partnern neue Fan-Artikel her. Beispielsweise fallen bei jedem Wechsel der Kollektion oder des Ausrüsters Restposten an, die in den Müll wandern.

Aus Erima wird Puma

Seit Dezember 2020 kooperieren die Rhein-Neckar Löwen mit zwei Firmen (Chaps Merchandising GmbH aus Frechen und World Sports Company aus Amsterdam), um aus Teilen von Trikots vorheriger Saisons, neue Fanartikel wie zum Beispiel einen Kaputzenpullover mit einem Trikotausschnitt auf der Brust zu produzieren – und sie dann im Fanshop des Handball-Bundesligisten anzubieten. Ferner arbeitet der Club mit der beruflichen Bildung der Gemeindediakonie Mannheim zusammen, die circa einen Kilometer von der Geschäftsstelle entfernt eine Werkstatt betreibt. Dort wurden nach dem Wechsel des Ausrüsters Erima zu Puma aus Restbeständen der Rhein-Neckar Löwen Turn- und Kulturbeutel genäht (inklusive Entfernung des Ausrüsterlogos). Die Löwen-Geschäftsstellenleiterin Telsa Goede berichtet, dass der Club zuvor grünes Licht bei den beiden Sportartikelherstellern eingeholt hatte: „Sowohl Erima als auch Puma waren sofort einverstanden, die Produkte auf diese Art weiter zu verwenden.“

Der Aufwand ist für den Club nicht groß: Die Restbestände müssen von den Mitarbeitern des Fan-shop gesammelt werden, dann zu einem der beiden Partner-Firmen verschickt oder zur Diakonie gebracht werden und schließlich wird die dort upgecycelte Ware wieder zurückgekauft und im Löwen-Fan-shop zum Verkauf eingestellt. Signifikante Umsätze werden damit nicht generiert, andererseits fallen auch keine nennenswerten zusätzlichen Kosten für den Club an. Bei der Upcycling-Produktion selbst ist der Bundesligist nicht involviert.

Turnbeutel als "Vorzeigewerk": Die Rhein Neckar-Löwen haben seit 2020 rund 1400 Upcycling-Produkte geschaffen.

Turnbeutel als "Vorzeigewerk": Die Rhein Neckar-Löwen haben seit 2020 rund 1400 Upcycling-Produkte geschaffen.

Es sind keine Massen an Textilien, die bei den Rhein-Neckar Löwen jede Saison durch die beiden Partnerfirmen und die Diakonie via Upcycling vor dem Müll gerettet werden: In zwei Saisons aus Trikot- und Shirt-Restbeständen wurden jeweils rund 700 Upcycling-Produkte geschaffen (seit 2020 also rund 1400 Produkte). Dennoch ist diese Maßnahme ein Beitrag gegen die Ressourcenverschwendung, die insbesondere in der Textilbranche alltäglich ist. Die per Upcycling entstandenen Unikate sind laut Goede sehr beliebt bei den Fans und verkaufen sich äußerst gut. Vor allem durch die Zusammenarbeit mit der Diakonie Mannheim sind die per Upcycling entstandenen Turn- und Kulturbeutel ein Vorzeigewerk (siehe Foto unten), das ökologische und soziale Nachhaltigkeit vereint. Die Maßnahme zahlt auch auf die imagefördernde „grüne“ Merchandising-Kollektion ein, die aus nachhaltigeren Materialien gefertigt sind: beispielsweise aus 80 Prozent Bio-Baumwolle und 20 Prozent recyceltem Polyester: Zusammen ergibt dies das Bild eines Clubs, der glaubhaft auf nachhaltigere Merchandising-Artikel setzt.

Neben der ökologischen und ökonomischen Dimension investieren Sportrechtehalter vermehrt auch in soziale Nachhaltigkeitsprojekte. So auch der 1. FC Nürnberg, der sich nachhaltig für die Nürnberger Tafel engagiert. Und das ist auch notwendig: In Nürnberg, wie auch in anderen Teilen Deutschlands, ist jeder Fünfte von Armut bedroht.

Neues Zentrallager als Meilenstein

Vor zwei Jahren, zu Beginn der Corona-Pandemie, wurde das Projekt ins Leben gerufen und besteht bis heute. Zunächst hat der FCN mithilfe von Club-Fans lediglich Einkäufe für bedürftige und ältere Menschen besorgt und geliefert. Hieraus entstand die Idee der Tafel-Einkaufshelfer, die das ursprüngliche FCN-Engagement mit den Leistungen der Tafel verknüpfen. Jeden Montag und Mittwoch liefern Club-Fans inzwischen Lebensmittel an die Tafel-Kunden, die aufgrund körperlicher Einschränkungen oder Vorerkrankungen nicht in der Lage sind, selbstständig ihre Lebensmittel bei der Nürnberger Tafel abzuholen.

Warum nachhaltiges Handeln im Sportbusiness zur Notwendigkeit wird

Vieles spricht dafür, dass 2021 ein Schlüsseljahr für Nachhaltigkeit im Sportbusiness wird. Bislang wurde das Thema von den meisten Rechteinhabern und werbetreibenden Unternehmen – wenn überhaupt – eher als Ergänzung denn als eigenständige Disziplin gesehen. Auch weil Konsumenten, Fans und Finanzinvestoren Druck machen, hat bei vielen Akteuren zuletzt ein Umdenken eingesetzt. Nun stellt sich die Kernfrage, wie sich das Thema Nachhaltigkeit glaubwürdig innerhalb des eigenen Geschäftsmodells verankern lässt. SPONSORs liefert erste Antworten.

Im Juli 2021 hob der 1. FC Nürnberg sein Tafel-Engagement auf die nächste Ebene: Zusammen mit der aktiven Fanszene und der Nürnberger Sparkasse, welche zugleich Sponsor des Zweitligisten ist, wurde das neue Zentrallager der Tafel geschaffen. Das Projekt lief unter dem Namen „Spielräume meets Nürnberger Tafel“. Nach mehreren, gemeinsamen Aufräum-, Abriss- sowie Maleraktionen wurde das Zentrallager fertiggestellt. Ende September nahm schließlich die Ausgabestelle wieder ihren Betrieb auf. Die Einweihung des neuen Gebäudes steht, Corona-bedingt verzögert, im Frühling 2022 an.

Geringer Aufwand, hoher Ertrag

Der größte zeitliche Aufwand für die „Tafel-Einkaufshelfer“ fiel beim Start der Aktion an. Für die Initiierung des Projekts haben drei Mitarbeitende des FCN einmalig 10 Stunden investiert. Darüber hinaus wurden wöchentlich 3-4 Stunden in den ersten drei Monaten für den weiteren Verlauf des Projekts aufgewendet. Geplant werden mussten zum Beispiel die Absprache, Suche und Einteilung der Helfer:innen. Mittlerweile übernimmt die Tafel den Großteil der Organisation selbst. Der FCN übernimmt hauptsächlich die Vermittlung von engagierten Club-Fans an die Tafel. Hierfür fallen 30-60 Minuten pro Woche an. Künftig sind regelmäßige Treffen (4 x im Jahr mit den Einkaufshelfern, Club und Tafel) geplant, um sich auszutauschen, gemeinsam ins Stadion zu gehen und das Konzept zu erweitern. Ausgaben hatte der 1. FC Nürnberg für dieses Projekt kaum. Aus dem CSR-/UnserClub-Team koordiniert eine Mitarbeiterin die Einsätze der Einkaufshelfer. Für Kommunikation und weitere Absprachen kommen bei Bedarf 2-3 Kollegen und Kolleginnen dazu. Für die Organisation des Zentrallagers, Beschaffung von Material, Akquise der Helfer:innen, Information und Kommunikation hat der 1. FC Nürnberg gut 80 Stunden investiert. Reine Arbeitszeit vor Ort wurde laut Club-Angaben mit rund 20 Stunden bemessen.

Finanziell unterstützt wurde der FCN vom Club-eigenen HandwerkerClub, einem Zusammenschluss regionaler Handwerksbetriebe mit Club-Herz. Die Firmeninhaber taten sich zusammen und beschafften auf eigene Kosten das Material, sodass die Ausgaben des Clubs gering waren. Mit dem Zentrallager haben sich drei Personen aus dem CSR-/UnserClub-Team des 1. FC Nürnberg beschäftigt. Bei den Helferaktionen waren rund 10 Club-Mitarbeitende im Einsatz. Geschenktüten zur Adventszeit 2021 wurden gepackt von einer Gruppe von Mitgliedern der sozialen Community-Plattform www.UnserClub.de des 1. FC Nürnberg, Vertretern der Sparkasse Nürnberg sowie Club-Abwehrspieler Asger Sörensen.

Für den 1. FC Nürnberg ist das Engagement für die gemeinnützige Organisation eine gute Maßnahme, um der gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen und damit das Ansehen vor allem in der Stadt und auch bei Nicht-Fans zu steigern. Einzelne Aktionen sind sinnvolle Aufhänger für eine mediale Berichterstattung, um die dauerhafte Unterstützung des Vereins für die Tafel präsenter zu machen. Zugleich kann der FCN mit dem Engagement einzelne Sponsoren mittels der gemeinsamen Aktionen besser einbinden. Durch die Zusammenarbeit mit der Nürnberger Tafel sind nach Angaben des Zweitligisten einige Club-Fans auf die Möglichkeiten aufmerksam geworden, die Tafel auf vielfältige Weise zu unterstützen. Der Verein erhält regelmäßig Anfragen, sodass Club-Fans direkt an die Tafel vermittelt werden. Die sich bei der Tafel engagierenden Fans erhalten vor Ort direktes, überaus positives Feedback von den Tafel-Kunden, die zweimal wöchentlich von den Club-Einkaufshelfern beliefert werden. Viele der Club-Einkaufshelfer-Teams fahren immer die gleichen Touren zu „ihren“ Tafel-Kunden.

Du willst dich beim Thema Nachhaltigkeit auf den aktuellen Stand bringen und Key-Learnings für das eigene Geschäft mitnehmen? SPOBIS hat einen umfassenden Nachhaltigkeits-Report mit 25 Cases aus dem Profisport herausgearbeitet und dabei Aufwand, Ressourcen und Impact transparent analysiert. Sicher dir hier exklusive und vor allem nachhaltige Einblicke in das Sportbusiness-Thema der Stunde.

Foto: IMAGO / imagebroker

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