Gastbeitrag
Dieser Gastbeitrag wurde von einem unserer Partner erstellt.
Mehr als 43 Millionen Euro geben Glücksspielanbieter jährlich im Sponsoring im deutschen Profisport aus. Noch handelt das Gros der Sponsoren in einer gesetzlichen Grauzone. Dies könnte sich mit einem neuen Glücksspielstaatsvertrag ab Sommer 2021 ändern. Auch deshalb bringen sich immer mehr Unternehmen mittels Sponsoring in Stellung.
Der 21. März 2021 könnte eines der wichtigsten Daten für die künftige Entwicklung der gesamten Glücksspielbranche sein. An diesem Tag beraten die Regierungschefs der 16 Bundesländer bei der Ministerpräsidentenkonferenz unter anderem über Inhalte des neuen Glücksspielstaatsvertrags. Dieser soll im Sommer 2021 den aktuellen Vertrag ablösen. Dabei geht es auch um die rechtliche Anerkennung für Anbieter von Online-Casinos, privaten Sport- und Pferdewetten sowie Online- Poker, die derzeit in einem nicht regulierten Glücksspielmarkt agieren. In diesem Markt werden mittlerweile in Deutschland fast 2,6 Milliarden Euro pro Jahr umgesetzt – und er wächst seit Jahren im zweistelligen Prozentbereich.
Auch das deutsche Sportbusiness beobachtet mit Argusaugen die aktuellen Entwicklungen auf politischer Ebene – nicht zuletzt, weil in der jüngsten Vergangenheit eine Vielzahl von Unternehmen aus der Glücksspielbranche Sponsorenverträge mit Clubs und Verbänden in Deutschland abgeschlossen hat. Insgesamt 28 Glücksspiel-Marken werben derzeit auf Trikots, Banden, Cam Carpets und diversen weiteren fernsehrelevanten Werbeflächen bei Sportereignissen in Deutschland.
Sportartenübergreifend gibt es im deutschen Profisport derzeit in Summe 67 Sponsorships mit einem Wert von mindestens 50 000 Euro pro Jahr. Das Gros davon, nämlich 54 Verträge, wurde im Fußball (3. Liga bis Bundesliga) abgeschlossen. Insgesamt geben die Anbieter dafür kumuliert rund 43 Millionen Euro pro Jahr aus. Der Hauptanteil der Summe, nämlich rund 38 Millionen Euro, stammt von privaten Glücksspielunternehmen.
Vor diesem Hintergrund stellen sich folgende Fragen: Warum ist der deutsche Sport gerade jetzt so interessant für Glücksspielunternehmen – vor allem für neue Anbieter? Wie hat sich der Markt sortiert? Und was hatte dies für Auswirkungen auf die Sponsoringpreise?
Schuld an den zahlreichen neuen Sponsoringabschlüssen im deutschen Sport und dass immer mehr neue Anbieter hierzulande aktiv wurden, ist der nach wie vor nicht geregelte Markt, der in den vergangenen Jahren immer weiter angewachsen ist. Zwischen 2013 und 2016 legte er um 52 Prozent zu – mit jährlichen Zuwächsen bei den Bruttospielererträgen von bis zu 500 Millionen Euro. Vor allem Online-Casinos und Sportwetten trugen dazu bei, auf die mittlerweile 83 Prozent aller Bruttospielerträge im nicht regulierten Markt entfallen.
Parallel zu neu angespülten Glücksspielanbietern wie Betano oder Moplay gibt es aber auch zahlreiche Unternehmen, die seit Jahren auf dem deutschen Markt aktiv sind und im hiesigen Sport werben. Nicht alle davon sind aktuell noch im gleichen Ausmaß engagiert wie früher. Entweder, weil sie wie Mybet Insolvenz anmelden mussten. Oder weil sie ihre Sponsoringengagements zurückgefahren haben. Als Beispiel sind unter anderem Bet-at-Home (ehemaliger Haupt- und Trikotsponsor von Hertha BSC) aber auch der Anbieter Digibet zu nennen, der seine Verträge mit Borussia Mönchengladbach und der TSG Hoffenheim vor der Saison 2017/18 beendet hat.
Unter dem Strich führte die Entwicklung innerhalb der Branche dazu, dass die Mehrheit der aktiven Glücksspielanbieter auf eine zeitnahe Regulierung des gesamten Glücksspielmarkts hofft – und damit auf eine baldige Vergabe von deutschlandweit gültigen Lizenzen. Anbieter wie Bet-at-home.com, X-Tip, Bwin oder Tipico wollen sich mit einer offiziellen Konzession vor allem vom Schwarzmarkt und unseriösen Anbietern ihrer Branche abgrenzen. Dabei geht es den Anbietern vor allem auch darum, sich verlorene Marktanteile wieder zurückzuholen und den Markt der Glücksspielanbieter in Deutschland damit wieder zu verkleinern. Um ihre Ziele zu erreichen, verfolgen sie im derzeitigen Graumarkt alle unterschiedliche Herangehensweisen und Strategien – auch um sich für die Zeit bis zu einem neuen Glücksspielstaatsvertrag im Sommer 2021 aufstellen.
Eine große Rolle für die aktuelle Entwicklung der Glückspielbranche im deutschen Sportsponsoring spielt ein mittlerweile vier Jahre alter Deal. Gemeint ist der zur Saison 2015/16 geschlossene Vertrag zwischen Tipico und dem FC Bayern München. Dieser Vertrag war aus zwei Gründen wichtig für die weitere Entwicklung der Branche. Erstens, weil Tipico im Sommer zuvor keine der 20 Sportwetten-Konzessionen erhalten hatte und gegen das Verfahren klagte. Das heißt, es handelte sich um einen Vierjahresvertrag zwischen einem nicht lizenzierten Sportwettenanbieter, der sich im Rechtsstreit mit dem hessischen Innenministerium befand, und dem größten Club im deutschen Sport. Und zweitens, weil der Vertrag eine jährliche Rechtesumme von 5,5 Millionen Euro beinhaltete. Einen solchen Betrag hatte im deutschen Sport bis dahin kein privater Glücksspielanbieter für ein Sponsorship ausgegeben.
Der Deal von Tipico mit den Bayern ermutigte somit auch andere Sportrechtehalter zu Verhandlungen mit privaten Glücksspiel- und Wettenanbietern, deren Interesse am Sportsponsoring in der Folge stetig wuchs. Zwei Jahre später gab Tipicos größter Konkurrent, Bwin, seine Partnerschaft mit Borussia Dortmund bekannt. Für Bwin war es nach der im Sommer 2015 beendeten Partnerschaft mit dem FC Bayern München der nächste große Vertrag in der Bundesliga – mit einer jährlichen Rechtesumme von drei Millionen Euro.
Aus der Glücksspielbranche heißt es, dass die beiden Summen von Tipico und Bwin Sportrechtehaltern quer durchs Land „die Dollar-Zeichen in die Augen getrieben“ hätten. Zugleich waren immer mehr Glücksspielanbieter bereit, Geld für Werbung im Sport in die Hand zu nehmen. Deshalb kam es in den vergangenen zwei, drei Jahren zu einer Reihe neuer Abschlüsse – auch mit neuen Glücksspielanbietern aus dem In- und Ausland.
Ihre Marktstellung haben Bwin und Tipico trotz der zahlreichen neuen Wettbewerber jedoch behalten. Sicherlich auch, weil sie durch jahrelange Sponsoring-Ausgaben in Millionenhöhe eine sehr hohe Bekanntheit erreicht haben. Mit dieser Ausgangslage können sie es sich nun erlauben, andere Marketingziele in den Vordergrund zu stellen.
Das Duo will sich mittlerweile auch mithilfe von Innovationen und digitalen Rechten von der Konkurrenz abheben. Zudem setzen die beiden Anbieter, insbesondere Tipico, vermehrt auf Premiumrechte, die sich für die Markenbildung eignen. Tipico beispielsweise ließ den Vertrag mit RB Leipzig im Sommer 2018 auslaufen und verzichtet seit der Rückrunde der Spielzeit 2018/19 beim Hamburger SV trotz laufenden Vertrags auf eine Nutzung der Rechte. Damit ist der FC Bayern der einzige deutsche Club im Bundesliga-Portfolio von Tipico. Marlon van der Goes, Chief Commercial Officer bei Tipico, sagt zur angepassten Strategie: „Sponsoring ist für uns ein Teil des Media-Mixes und muss bundesweit wirken. Deshalb streben wir nach Top-Partnerschaften, vor allem im Fußball-Umfeld.“
Zu der von Van der Goes beschriebenen Ausrichtung passt auch der im Sommer 2018 geschlossene Dreijahresvertrag mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) – eine Kooperation, die es in dieser Form vorher nicht gab. Konkret sicherte sich Tipico damit unter anderem ein in den Medienverträgen der DFL verankertes Matching Offer Right, das bei bestimmten Sonderwerbeformen bei nationalen Lizenznehmern wie zum Beispiel Sky gilt und Branchen-Exklusivität für entsprechende Buchungen gewährt. Konkrete Rechte umfasst der Vertrag selbst aber nicht, obwohl Tipico geschätzt insgesamt zwischen 15 und 17 Millionen Euro bezahlt.
Der Vertrag mit der DFL verdeutlicht, wie wichtig Tipico zentrale Werbemöglichkeiten sind – primär die in Premium-Umfeldern. So verdrängte das Unternehmen beispielsweise den Dauerrivalen Bwin zu Saisonbeginn als Presenter der Bundesliga-Konferenz bei Sky. Zudem nutzte Tipico das DFL-Recht jüngst auch, um als erste Marke überhaupt bei Dazn werblich präsent zu sein.
Trotz vergleichbarer Ziele im Sportsponsoring geht Bwin seit zwei Jahren einen anderen Weg als Wettbewerber Tipico. Statt auf einige wenige große Sponsorships setzt Bwin auf einen im ersten Moment bunt erscheinenden Mix im deutschen Profifußball. Dazu zählen neben dem Vertrag mit Borussia Dortmund als „Flaggschiff“ Partnerschaften mit vier sehr reichweitenstarken Zweitligisten (1. FC Köln, FC St. Pauli, Union Berlin und Dynamo Dresden). Ergänzt wird das Sponsoring-Portfolio von Bwin außerdem um das Engagement beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Hauptpartner der 3. Liga.
Bwin ist allerdings – wie so viele Anbieter der Branche – stetig in Bewegung und verändert das Portfolio. So steht das Unternehmen kurz vor der Bekanntgabe einer neuen Partnerschaft mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), die deutlich größer sein wird als die bisherige im Bereich der 3. Liga. Offiziell bestätigt wurde der Abschluss bislang nicht. Die Partnerschaft mit dem DFB soll zwei Pakete umfassen: eines für den DFB und die Nationalmannschaft, das andere für die 3. Liga, die Frauen-Bundesliga und den DFB-Pokal. Gesamtwert über vier Jahre bis 2022: etwa 50 Millionen Euro. Klar ist schon jetzt, dass Bwin die Partnerschaft mit dem DFB in monetärer Hinsicht an die Spitze der Sportwettenanbieter im deutschen Sportsponsoring katapultieren wird.
Bei der Umsetzung seiner Sponsorships will Bwin als „digitaler Innovator“ auftreten. Stephan Heilmann, Head of DACH für die Marke Bwin beim Eigner GVC Holdings PLC, spricht von der Kreation von digitalen Content – Stichworte, die man heutzutage im Sponsoring regelmäßig hört. Konkret analysiert der Sportwettenanbieter beispielsweise den genauen Zeitpunkt, wann sich Fans auf den nächsten Spieltag vorbereiten und wann es in der Folge sinnvoll ist, die Live-Quote eines anstehenden Spiels in den digitalen Club-Medien zu veröffentlichen. Die Quote selbst soll dann lediglich neben der Spielpaarung abgebildet werden – bestmöglich im „Look & Feel“ des Clubs und nicht mit dem klassischen Logo-Branding von Bwin. Dieser Ansatz ist allerdings nicht einzigartig, auch andere Marken werben vergleichsweise nativ bei Clubs und Medien.
Abseits der beiden Branchenführer Bwin und Tipico gibt es, wie eingangs schon angedeutet, sehr viel Bewegung in der Szene der Sportwettenanbieter. So kamen beispielsweise in jüngerer Vergangenheit unter anderem die Marken Bethard, Leo Vegas und LV Bet neu auf den Markt. Kurz vor Redaktionsschluss vollzog dann die Marke Moplay ihren Markteinstieg in Deutschland. Das Unternehmen wirbt neuerdings bei Hertha BSC. Bei diesen Unternehmen handelt es sich häufig um Marken internationaler Firmen, die den Sport als Werbeplattform nutzen wollen, um ihr Interesse am deutschen Markt sowie an einer gesetzlichen Regulierung zu untermauern.
LV Bet zum Beispiel, eine Marke des Unternehmens Fairload Limited mit Sitz auf Malta, schloss im März 2018 einen Einjahresvertrag als offizieller Partner des Deutschen Eishockey-Bunds (DEB) und zahlt dafür schätzungsweise 50 000 Euro. Marek Czekalla, Business Development Manager bei LV Bet, sagt: „LV Bet ist noch sehr jung im deutschen Markt, wir zahlen aber Sportwetten- und Casino-Steuer in Deutschland und möchten eine Lizenz. Ein namhafter Sponsoringvertrag soll einfach zeigen, dass wir Interesse am deutschen Markt haben.“
Allerdings kritisiert Czekalla auch, dass es sich aufgrund der aktuell großen Nachfrage vonseiten der Glücksspielbranche schwierig gestalte, Verträge zu finden, „die a) nicht schon von den großen Anbietern besetzt sind und die b) einen Namen haben“. Mit dem DEB sei es schließlich gelungen, einen „sehr guten Partner“ zu finden, der zwar mit seiner Sportart einen kleineren Fankreis habe als der Fußball, der aber dennoch eine bundesweite Präsenz habe. Dass sich LV Bet seine Sichtbarkeit beim DEB mit einer weiteren Glücksspielmarke (Sportwetten.de) teilen muss, stört Czekalla wenig. Letztlich sei es auch eine Kostenfrage. Eine ähnliche Motivation wie LV Bet hat der Konzern Cherry AB mit seiner Marke Sunmaker. Für Sunmaker ist Sponsoring deshalb auch eine „politische Aufgabe“, wie ein Unternehmenssprecher erklärt. Man wolle sich damit gesellschaftliche Relevanz verschaffen.
Sunmaker hat dabei einen vergleichsweise umfassenden Sponsoring-Ansatz gewählt und wirbt mittlerweile bei gleich vier Zweit- und Drittligisten als Haupt- und Trikotsponsor. Insgesamt bezahlt das Unternehmen jährlich etwa 2,65 Millionen Euro für seine aktuellen Engagements. Künftig soll das Sponsoringbudget von Jahr zu Jahr verdoppelt werden. Schließlich, so heißt es von Unternehmensseite, wolle man „bis 2020 unter den Top 3 der Sportwettenanbieter in Deutschland sein.“
Unter dem Strich ist Sunmaker ein gutes Beispiel für eine Branche, die stets in Bewegung ist – und in der immer wieder neue Unternehmen auf den Markt kommen und um Marktanteile kämpfen. Diese Dynamik hat bei den Glücksspielanbietern zuletzt für eher steigende Sponsoring-Preise gesorgt – und das, obwohl sich der Markt noch immer in einer Grauzone bewegt.
Korrektur: In einer vorigen Version dieses Artikels war fälschlicherweise von einer Insolvenz von Betway die Rede. Dabei handelte es sich um einen Fehler, für den wir uns entschuldigen. Gemeint war die Insolvenz des Glücksspielanbieters Mybet. Der Fehler wurde mittlerweile korrigiert.