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26. Apr. 2023

Warum Dazn kein reiner Streaming-Dienst mehr sein will

Im SPOBIS-Interview spricht Alice Mascia, DACH-CEO von Dazn, über die Bedeutung der anstehenden Bundesliga-Medienrechteausschreibung für den Sport-Streaming-Anbieter und erklärt, wie sie das Medienunternehmen noch 2023 profitabel machen will.

SPOBIS: Frau Mascia, Sie sind vor einem Jahr sicher auch wegen Ihrer Vorerfahrung bei Umstrukturierungen und Turnarounds zu Dazn geholt worden. Wie haben Sie das Unternehmen bei Amtsantritt vorgefunden? 

Mascia: Tatsächlich ist ein roter Faden meiner bisherigen Karriere, dass es oft ein bestimmtes Rentabilitätsprofil gab, das stabilisiert werden musste. Dazn ist 2016 als das erste Unternehmen gestartet, das Streaming für Sport angeboten hat. Wie bei jedem Start-up ging es zunächst darum, schnell zu wachsen, Kunden zu gewinnen und neue Rechte zu erwerben. Unsere Strategie folgte dabei dem idealtypischen Verlauf eines Start-ups: Man tritt in einen Markt ein und bietet einen Service, der etwas mehr in der Nische ist als das Angebot des etablierten Platzhirschs. Das ging bei uns einher mit einer neuen Technologie, weniger Kosten für die Infrastruktur und interessanten Sportrechten. In diese hat Dazn zuletzt immer mehr investiert, auch in absolute Premium-Rechte – etwa die Bundesliga und die UEFA Champions League. Unser Angebot für Sportfans wurde so immer größer und attraktiver. Nun wollen wir die nächste Stufe des Wachstums erklimmen und profitabel werden. 

SPOBIS: Wie kann das gelingen? 

Mascia: Wenn man Premium-Rechte besitzt, muss sich die Art der Monetarisierung erweitern. Das haben wir zuletzt bei praktisch jedem Start-up gesehen, das Inhalte anbietet. Vor ein paar Jahren wurden Start-ups nur an der Zunahme der Kundenzahl gemessen. Jetzt sehen wir, dass es selbst bei Unternehmen wie Netflix in erster Linie um Rentabilität geht. Sehen Sie sich an, was aktuell bei Warner Bros. nach der Fusion mit Discovery passiert oder was Disney gerade angekündigt hat. Alle großen Unternehmen, die in das Streaming-Universum einsteigen, sind auf der Suche nach dem richtigen Gleichgewicht zwischen den Investitionen in Inhalte und der Refinanzierung. Man muss irgendwann seine Preisgestaltung und Verpackung anpassen. Genau das hat auch Dazn getan. Und das hat auch unser Businessplan vorgesehen. 

SPOBIS: Es verläuft also alles wie geplant? 

Mascia: Es ist kein Geheimnis, dass wir aktuell noch nicht profitabel sind. Aber auf Deutschland bezogen sind wir innerhalb weniger Jahre vom Nobody zu einem der größten Investoren im Sport geworden. Wir spielen inzwischen eine wichtige Rolle bei der Erhaltung des Sportökosystems. Dabei sprechen wir die Sprache der Kunden und das passt zu der Generation von Sportfans, die in Zukunft in der Mehrheit sein werden. Wir bringen gleichzeitig die Spieler, die Vereine und den Wettbewerb näher an die Fans heran. 

SPOBIS: Trotzdem konkret nachgefragt: In den drei Jahren vor ihrem Einstieg bei Dazn waren die Betriebskosten der Dazn Group im Durchschnitt mehr als dreimal so hoch wie der Umsatz. 2021 war der Umsatz zuletzt mit 1,56 Milliarden US-Dollar noch immer gerade halb so hoch wie die Betriebskosten, die bei 2,9 Milliarden US-Dollar lagen. Wann wird der Break-even-Point bei Dazn erreicht?  

Mascia: Ich kommentiere keine konkreten Zahlen. 2023 soll das Jahr werden, in dem wir zum ersten Mal im deutschen Markt profitabel sind. Ob wir das schaffen, hängt von vielen Faktoren ab. Aktuell sieht es gut aus. Was ich sagen kann: Seit Mitte der laufenden Saison erleben wir einen Aufschwung. Wir verbessern uns signifikant, die Kurve geht steil nach oben. Von unserem Ziel rücken wir deshalb nicht ab. 

SPOBIS: Sie arbeiten seit 20 Jahren in der Medien- und Telekommunikationsbranche, davon fast zehn Jahre bei Sky Deutschland. Dass es in Deutschland schwierig ist, mit attraktiven Sportrechten Geld zu verdienen, dürfte Ihnen bekannt sein. Warum sollte dies bei Dazn besser funktionieren als bei Sky, wo über Jahre hinweg, gerade auch wegen teurer Sportrechte, rote Zahlen geschrieben wurden? 

Mascia: Ich glaube, dass Dazn in einer anderen Position ist. Na klar: Rechtekosten sind Rechtekosten. Aber die übrigen Kosten sind völlig verschieden. Nehmen Sie den Unterschied bei den Produktionskosten oder in der Anzahl der Mitarbeiter. Wir haben eine Kostenbasis, die darauf fußt, dass wir ein globales digitales Unternehmen mit höherer Skalierbarkeit sind – kein traditioneller Sender. Wir sind sehr agil, treffen Entscheidungen sehr schnell. Wir verfügen über Sportrechte, die wir auf globaler und lokaler Ebene verwerten können. Hinzu kommt unsere Vision, nicht nur Pay-Angebote zu schaffen, sondern auch in den Free-Bereich hineinzuwachsen. Das funktioniert mit einer Technologie, die es ermöglicht, Kanäle in sechs, acht Wochen zu starten. Die Kosten und der Aufwand sind hier um den Faktor 20 geringer.  

UEFA Women's Champions League bei Dazn Rise: „Ein kostenloser Channel bedeutet nicht, dass wir die Inhalte nicht monetarisieren.“ (Foto: picture alliance / BEAUTIFUL SPORTS/Luciano Lima | BEAUTIFUL SPORTS/Luciano Lima)

UEFA Women's Champions League bei Dazn Rise: „Ein kostenloser Channel bedeutet nicht, dass wir die Inhalte nicht monetarisieren.“ (Foto: picture alliance / BEAUTIFUL SPORTS/Luciano Lima | BEAUTIFUL SPORTS/Luciano Lima)

SPOBIS: Dazn Rise ist ein aktuelles Beispiel dafür. Mitte März ist der erste Sender gestartet, der ausschließlich Frauensport zeigt. Wie passt der Launch eines kostenlosen Senders zur Strategie, profitabel zu werden? 

Mascia: Dazn Rise passt sogar sehr gut in diese Strategie. Wir wollen Frauensport so vielen Zuschauern wie möglich zugänglich machen. Und natürlich haben wir eine Verantwortung, die wir sehr ernst nehmen, aber im Kern geht es ums Geschäft. Ich treffe keine Entscheidungen aus Wohltätigkeit. Ein kostenloser Channel bedeutet nicht, dass wir die Inhalte nicht monetarisieren. Das Potenzial ist riesig, FAST-Channels sind zuletzt um 150 Prozent pro Jahr gewachsen und wir können mit den Inhalten gutes Geld verdienen. Der Männersport ist schon ausgereift, während sich der Frauensport noch im Wachstum befindet. Das bietet uns eine immense Chance für weiteres Wachstum. In der aktuellen Businessphase ist es aber zunächst vor allem wichtig, die Sichtbarkeit für den Frauensport zu erhöhen, um die Nachfrage zu steigern. Aber das wird sich auszahlen – für den Frauensport und für uns. 

SPOBIS: In welchen Bereichen wollen Sie künftig vor allem mehr Geld verdienen? Mit den Live-Sportübertragungen oder mit anderen Geschäftsfeldern? 

Mascia: Live-Sportübertragungen sind der Kern unseres Geschäfts. Trotzdem wollen wir uns sukzessive neue Standbeine erschließen und uns so breit wie möglich aufstellen. Wir entwickeln uns immer mehr zu einer echten Destination, zu einem One-Stop-Shop für alles, was mit Sport zu tun hat. Wir expandieren in den Bereichen Wetten, die bereits in Italien, Spanien und Großbritannien aktiv sind, E-Commerce oder mit dem weltweiten Exklusivvertrieb der NFL. Wir wollen überall dort sein, wo Fans ihren Lieblingssport konsumieren. Das ist unser USP der Zukunft. 

SPOBIS: Zuletzt dürften die Abo-Erlöse weltweit mindestens 80 bis 90 Prozent des Umsatzes der Dazn Group ausgemacht haben. Wie ist aktuell Ihr Anteil in Deutschland?  

Mascia: In etwa in der gleichen Größenordnung. Aber der Beitrag der anderen Geschäftsfelder wird in Zukunft sukzessive steigen. Der prozentuale Anteil der OTT-Abo-Erlöse wird dann natürlich sinken. 

SPOBIS: Sie setzten zuletzt auch auf Kooperationen mit Wettbewerbern wie Sky, Vodafone oder Telekom, durch die Fans günstigere Bundle-Angebote erwerben können. Ist eine solche friedliche Koexistenz für das langfristige Wachstum von Dazn wirklich die richtige Strategie? 

Mascia: So friedlich ist die Koexistenz gar nicht (lacht). Aber die Zeiten sind vorbei, in denen man einen Zaun um seinen Besitz gezogen hat und jeder da draußen ein Feind war. Übrigens muss ich sagen, dass es hier in Deutschland, anders als in anderen Ländern, auch schon zu meiner Zeit bei Sky immer sehr viel um Partnerschaften ging. Ich glaube, Sky ist seit dem ersten Tag Partnerschaften mit der Deutschen Telekom, mit Vodafone, mit Kabel Deutschland eingegangen. Wenn man das in die digitale Welt von Dazn überträgt, ergibt das sogar noch viel mehr Sinn.  

SPOBIS: Inwiefern? 

Mascia: Wenn ich den Sky-Kunden oder den Telekom-Kunden die Möglichkeit geben kann, die UEFA Champions League oder die Bundesliga mit einem Sonderangebot über Dazn zu sehen, bin ich sehr froh, dass ich das tun kann, denn ich weiß, dass glückliche Kunden länger bleiben. Wir arbeiten alle daran, den Kunden ein großartiges Seherlebnis zu bieten und unser Produkt möglichst leicht zugänglich zu machen.  

Vertragsverlängerung für die UEFA Champions League bis 2027: „Wenn es um die Rechte geht, gibt es keine Freundschaft.“ (Foto: IMAGO / MIS)

Vertragsverlängerung für die UEFA Champions League bis 2027: „Wenn es um die Rechte geht, gibt es keine Freundschaft.“ (Foto: IMAGO / MIS)

SPOBIS: Dazn selbst ist 2017 durch eine Sublizenz von Sky für die UEFA Champions League stark geworden. Ließen sich nicht besser neue Marktanteile erobern, wenn im Sportsegment die Tür für Kooperationen zum Wettbewerber geschlossen bliebe? 

Mascia: Letztlich arbeiten alle Unternehmen gemeinsam daran, Kunden zu gewinnen, zu betreuen und an sich zu binden. Wessen Kunde er oder sie initial war, ist gar nicht so entscheidend. Es ist eine sehr kundenzentrierte Sichtweise. Wir versuchen, das beste Sporterlebnis zu bieten. Wir machen das mit unseren eigenen Produktionen, aber wir haben auch Eurosport auf der Plattform oder Red Bull. Oder wir spielen Doppelpass mit unseren Kollegen von Sport1. Ich denke, es geht darum, einen verbraucherzentrierten Ansatz zu finden und die Finanzen so zu gestalten, dass sie sich gegenseitig verstärken, anstatt sich gegenseitig zu bekämpfen – zum Beispiel durch ein Wettbieten bei den Marketingkosten. Klar ist: Wenn es um die Rechte geht, gibt es natürlich keine Freundschaft.  

SPOBIS: In Großbritannien haben seinerzeit Sky Plc und die British Telecom mit einer strategischen Allianz ein gegenseitiges Hochtreiben der Rechtepreise bei attraktiven Auktionen beendet. Ist das die Zukunft, auf die sich große Rechtehalter einstellen müssen? Etwa die DFL, wenn sie Anfang 2024 ihre nationale Medienrechte-Ausschreibung startet? 

Mascia: Wir haben in Deutschland ein sehr gut strukturiertes Ausschreibungsverfahren für die Bundesliga, das vom Kartellamt überprüft wird, das wirklich alles infrage stellt. Das Ergebnis, was am Ende dieser Ausschreibung erzielt wird, entspricht genau dem Marktwert, der zu diesem Zeitpunkt zu erzielen ist. Ich meine es ernst: Es gibt keine Freunde, wenn es um die Rechte geht. Wir verlieren Rechte nicht, sondern wir lassen sie gehen, wenn wir überzeugt sind, dass wir damit kein gutes Geschäft machen können. Daran werden auch unsere Kooperationen nichts ändern. 

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SPOBIS: Apropos Bundesliga: In diesen Tagen hat das Kartellamt seine Marktbefragung hinsichtlich der DFL-Rechteausschreibung gestartet. Was erwarten Sie von der Ausschreibung für die nationalen Bundesliga-Rechte ab 2025/26?  

Mascia: Wir sind aktuell einer der beiden großen Medienpartner der Bundesliga. Wir sind sehr nah am Ausschreibungsprozess dran und wir sind sehr interessiert an diesem Recht. Denn natürlich haben wir die Absicht, weiterhin in Deutschland zu investieren. Wir haben gerade die Rechte an der UEFA Champions League bis 2027 verlängert. Warum sollte uns das nicht auch mit der Bundesliga gelingen? 

SPOBIS: Wollen Sie Sky auch in der Bundesliga noch mehr Live-Spiele streitig machen? Aktuell steht es hier über die Saison 106:200 und Sky hat die komplette 2. Liga. 

Mascia: Solange die Pakete nicht aus dem Kartellamtsverfahren herauskommen und mir zur Bewertung vorliegen, kann ich Ihnen nicht sagen, wie wir vorgehen werden. Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass wir einen strengen internen Prozess haben und jedes Paket für uns bewerten werden. Dann werden wir die Entscheidung treffen, unser Gebot machen und der Bessere wird gewinnen. So ist das im Sport. 

Dazn investiert als DFL-Partner aktuell rund 300 Millionen Euro pro Jahr: „Wir wollen die Bundesliga gern weiter im Portfolio haben – aber nicht um jeden Preis.“ (Foto: Dazn)

Dazn investiert als DFL-Partner aktuell rund 300 Millionen Euro pro Jahr: „Wir wollen die Bundesliga gern weiter im Portfolio haben – aber nicht um jeden Preis.“ (Foto: Dazn)

SPOBIS: Der Wegfall wichtiger Rechte könnte Ihr ohnehin anfälliges Geschäftsmodell schnell ins Wanken bringen. Wie sehr braucht Dazn die Bundesliga?  

Mascia: Ich glaube nicht, dass unser Geschäftsmodell so anfällig ist, denn wir haben in Deutschland ein sehr breites Angebot. Es geht hier einzig und allein um den Wert, der sich aus diesem Recht für uns ergibt. Ja, wir sind froh, dass wir aktuell die Bundesliga haben. Wir sind auch daran interessiert, sie zu behalten. Aber wir werden eine wirtschaftliche Entscheidung treffen und keine emotionale. Wir wollen die Bundesliga gern weiter im Portfolio haben – aber nicht um jeden Preis. 

SPOBIS: Die Rechte an der UEFA Champions League hat Dazn zuletzt für drei weitere Jahre bis 2026/27 verlängert und darf dann 186 Spiele pro Saison zeigen – aktuell sind es 121. Sky ging erneut leer aus und verkündete im Anschluss, dass man nicht bereit gewesen sei, „über den Wert, den wir diesem Recht beimessen, hinauszugehen“. Warum hat Dazn die Rechte höher bewertet als Sky? 

Mascia: Ich weiß nicht, wie viel Geld Sky investieren wollte. Ich denke aber, dass Sky in einer anderen Situation ist als wir. Ich glaube, dass der Beitrag des Sports zum jeweiligen Geschäftsmodell bei Sky und Dazn sehr unterschiedlich ist. Sky trifft wirtschaftliche Entscheidungen rational, sie sind Profis – genau wie wir. Was für Sky wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, kann eine sehr gute Idee für Dazn sein, weil der Input für die jeweiligen Geschäftsmodelle heute komplett unterschiedlich ist. 

Noch mehr Insights von Alice Mascia zur Zukunfts-Strategie von Dazn gibt es am 1. Juni bei der SPOBIS Conference im 1:1-Talk in unserem Medien-Cluster auf der Bühne. Dort wird die DACH-CEO von Dazn unter anderem darüber sprechen, wie sich der Streaming-Anbieter sukzessive zu einer Plattform entwickelt, auf der man sich mit allem beschäftigen kann, was mit Sport zu tun hat. Und was das für das Geschäft bedeutet.

SPOBIS: Sie bezahlen für die Bundesliga bis 2024/25 rund 300 Millionen Euro pro Jahr, für die Champions League im aktuellen Zyklus bis 2023/24 rund 200 Millionen Euro pro Jahr – künftig noch deutlich mehr. Welches der beiden Rechte ist profitabler für Dazn? 

Mascia: Diese Summen sind Spekulation, die ich nicht kommentieren werde. Wir sind sehr zufrieden mit der Art und Weise, wie sich unser Geschäft durch diese Rechte entwickeln konnte. Und ja, wir haben die feste Absicht, weiterzumachen. Wir haben es geschafft, mit der Champions League zu verlängern, und wir haben noch mindestens zwei Jahre in der Bundesliga vor uns. Wir bieten großartigen nationalen und internationalen Fußball, die beiden Rechte ergänzen sich perfekt. 

SPOBIS: Bei der Analyse eines Marktes spielt immer die Messgröße des Total Addressable Market (TAM) eine entscheidende Rolle, der definiert, wie viele Zuschauer in einem einzelnen Markt potenziell überhaupt erreicht werden können. Die Zahl der regelmäßigen Pay-TV-Seher in Deutschland liegt nach SPOBIS-Recherchen bei rund 13 Millionen und befindet sich auf einem neuen absoluten Höchststand. Wie viele dieser Seher trauen Sie sich zu, als Dazn-Abonnenten zu gewinnen?  

Alice Mascia führt seit April 2022 die Geschäfte des Sport-Streaming-Anbieters Dazn in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zuvor arbeitete die Italienerin fast 20 Jahre in der Medien- und Telekommunikationsbranche für den US-Medienkonzern News Corp. von Rupert Murdoch, mit einer kurzen Unterbrechung bei der Beratungsfirma Accenture. 2002 half sie beim Start des Bezahlsenders Sky Italia, von 2008 an arbeitete sie rund zehn Jahre lang bei Sky Deutschland und wechselte dann nach Australien zum Bezahlsender Foxtel. Mascia lebt in München, ist aber auch regelmäßig in Kuala Lumpur, wo ihr Mann arbeitet.

Mascia: Die Anzahl der Abonnements und der Zuschauer ist nicht unbedingt vergleichbar. Wenn eine Familie ein Abonnement hat, schauen vielleicht zwei oder drei Personen zu. Aber ich glaube, dass die Zahl der Abonnenten steigt, wenn man ihnen mehr Auswahlmöglichkeiten bietet. Die Interessen sind sehr unterschiedlich und müssen sich in einer gewissen Bandbreite im Rechteportfolio wiederfinden. Je mehr Bereiche des TAM wir ansprechen, desto höher ist die Chance, einen großen Prozentanteil zu erreichen. 

SPOBIS: Nach SPOBIS-Informationen soll Dazn in Deutschland eine Abonnentenzahl im hohen einstelligen Millionenbereich als realistisches Ziel erachten. Das wären mehr als doppelt so viel wie aktuell. Welche Sportrechte braucht es dafür noch im Portfolio? 

Mascia: Da wir keine Abonnentenzahlen bekannt geben, sind auch diese Zahlen reine Spekulation. Wichtig für unser Wachstum sind zunächst die Rechte von Sportarten, die erfolgreich und bereits sehr beliebt sind. Der wichtigste Sport in Deutschland ist nun einmal der Fußball. Da werden wir uns jedes Recht, was auf den Markt kommt, genau ansehen. Aber wir wollen eben auch mit Sport-Angeboten wachsen, die auf dem Vormarsch oder vielleicht noch Hidden Champions sind – so wie aktuell mit Dazn Rise. Wir bewerten kontinuierlich den Markt und die Möglichkeiten. Wir testen auch sehr viel. Am Ende sagen uns unsere Abonnenten, was wir für Rechte kaufen sollen und welche eher nicht. 

SPOBIS: Angesichts der Konzernstrategie könnte das langfristige Ziel Ihres Eigentümers Access Industries auch ein Verkauf von Dazn sein. Firmen wie Apple oder Disney dürften mit Interesse verfolgen, welcher Kundenstamm sich global mit attraktiven Sportinhalten aufbauen lässt. Für wie realistisch halten Sie es, dass solche Big Player künftig massiv in Sport investieren? 

Mascia: Da sollten Sie besser Apple oder Google fragen. Unsere Branche ist heute global und in einem ständigen Transformationsprozess. Es wird in Zukunft offensichtlich mehr von diesen globalen und digitalen Leadern geben. Bisher sind sie entweder auf den heimischen US-Markt ausgerichtet oder sie sehen den globalen Sport noch als Experimentierfeld. Unser Eigentümer Herr Blavatnik und Access Industries haben eine sehr erfolgreiche Holding-Gesellschaft, halten Warner Music oder Deezer. Ich bin mir sicher, dass sie die richtige Entscheidung treffen werden. 

SPOBIS: Frau Mascia, vielen Dank für das Gespräch. 

Titelfoto: Dazn

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